Die Eintracht feiert ihren 122. Geburtstag. Ein fröhliches Fest ist derzeit nicht möglich. Das bietet Zeit, sich die spärlichen Unterlagen aus den Gründertagen noch mal genau anzuschauen und zu fragen, wer eigentlich die Vorväter der Eintracht-Familie waren. In den kommenden Tagen kommen an dieser Stelle nach und nach sämtliche Vereinsgründer unter die Lupe. Eine Suche nach den Menschen, die diesen Verein einst aus der Taufe gehoben haben.
Den Anfang machen am 122. Geburtstag von Eintracht Frankfurt zwei Namen.
Ludwig Heil
Der auf der Gründungsurkunde Ersterwähnte ist Ludwig Heil. Vermutlich ist es kein Zufall, dass der Name Ludwig Heil als Allerester genannt wird, denn Ludwig bekleidet gleich wichtige Ämter: Er ist Cassierer und II. Zeugwart. Ludwig spielt bis 1908 für die Victoria, auch im ersten Spiel am 19. März 1899 gegen den Bockenheimer FC. Da der Familienname Heil in Frankfurt sehr häufig ist (Im Adressbuch von 1899 allein über 100 Eintragungen) haben wir keine Hinweise auf einen Wohnort oder Beruf. Auch in den Verlustlisten zum Ersten Weltkrieg taucht der Name „Ludwig Heil, Frankfurt“, vermehrt auf. Auf der Gedenktafel „Unsere Toten“, die der Verein nach dem Ersten Weltkrieg hat anfertigen lassen, ist der Name Ludwig Heil aber nicht vermerkt. Was noch in Erfahrung zu bringen war: Sein Spitzname war „Lulu“.
Und damit gleich zu einem schwierigen Fall, der viele Fragen offenlässt: Wenn jemand jemanden kennt, der immer mal wieder vom „Onkel Lulu“ gesprochen hat, der damals einen Verein gegründet hat, der mal Deutscher Meister werden sollte, schicke sachdienliche Hinweise in diesem schwierigen Fall bitte direkt an museum@eintrachtfrankfurt.de
Albert Reik
Jetzt wird es einfacher: In der linken Spalte der Gründungsurkunde ist an zweiter Stelle Albert Reik genannt. Nochmal in Erinnerung gerufen das Manuskript zur Vereinsgründung von Michel Pickel: „Meinungsverschiedenheiten innerhalb des F.F.C. ‚Germania‘ 1894 und zwar zwischen dem damaligen Vorsitzenden Albert Pohlenk und den gleichgesinnten Seelen Alb. Gerhardt, Emil Müller, Hans Schnug & L. Heil einerseits und den Fussball-Koryphäen I.K. Roth, M. Fritz Seidenfaden andererseits, führten in der Frühjahrshauptversammlung der ‚Germania‘ zum Austritt der ersterwähnten fünf Leute, die ‚im gerechten Zorn‘ sofort die Wallstatt der letzten Redeschlacht verliessen...“
Bei dieser Darstellung mit der Erwähnung von fünf Hauptakteuren, Pohlenk, Gerhardt, Müller, Schnug und Heil, liegt der Schluss nahe, dass Albert Reik – der immer mal wieder fälschlicherweise mit „ck“ geschrieben wird – zu kurz kommt. Er taucht nämlich bereits im Adressbuch der Stadt Frankfurt 1897 als Funktionär bei der Germania auf, damals war er 2. Gerätheverwalter. Auch 1898 taucht er da wieder auf, diesmal als 2. Capitän. Vermutlich war also auch Albert Reik einer der Mitglieder, die die Germania „im gerechten Zorn“ verließen. Und er hatte Erfahrung: Im Gründungsprotokoll der Victoria wird auf Seite zwei vermerkt, dass Herr Reick den Auftrag erhielt, „die Geräte anfertigen zu lassen.“ Er stiftete die Goaleisen und erhielt dafür ein dreifaches „Hipp Hipp Hurrah“ von der Versammlung. Folglich wurde er auch zum II. Zeugwart gewählt.
In der ersten Saison der Victoria taucht Gründungsmitglied Albert Reik in den Mannschaftsaufstellungen immer wieder als Forward auf. Beim ersten Spiel des Vereins am 19. März 1899 steht er auf dem Feld, als der 1. Bockenheimer FC 1899 mit 4:1 geschlagen wird. Auch bei der Auswärtspremiere der Victoria während des 1:4 bei Hanau 93 steht Reik auf dem Feld.
In den Adressbüchern ist die Adresse von Albert Reik zunächst in der Grüneburgstraße 14 angegeben, ab 1898 dann Am Weingarten 14 H1 in Bockenheim. Hier betreibt Johannes Reik, vermutlich sein Vater, eine Bauschlosserei. Der Hinweis H1 bedeutet einfach nur Hinterhaus, 1. Geschoss. Albert Reik hat übrigens heldenhaft gehandelt. Denn in Hausnummer 14 (Vorderhaus) war die Gaststätte Zum Krokodil – und die war viele Jahre die Vereinsgaststätte der Bockenheimer Fußball-Vereinigung 1901, eines Vorgängervereins von Rot-Weiß Frankfurt. Albert aber ist immer treu an der Konkurrenz vorbei ins Hinterhaus.
Die Reiks findet man bis in die 1930er Jahre in der Straße Am Weingarten 14, Hinterhaus, zuletzt ist eine Elise hier gemeldet. Albert wird zu dieser Zeit nicht mehr hier gewohnt haben. Ein Albert Reik taucht erst wieder 1937/38 im Adressbuch von Offenbach auf, die Hinweise hier sind aber sehr vage. Und liegen in der falschen Stadt.
Frage an alle Eintracht-Fans: Wird bei Familienfeiern immer mal wieder über einen Schlosser Albert berichtet, der sich stets wahnsinnig geärgert hat, dass die Fußballer von Bockenheim gemeinsam im Vorderhaus im Krokodil sitzen und über die Victoria lästern? Dieser Albert ist unser Mann!
SGE-SUCHT: Zum 122. Geburtstag
Was aus den anderen Gründern wurde, soll sich in den nächsten Tagen mit Hilfe aller Eintracht-Fans klären. Walter Engel aus Westfalen hat sämtliche Namen in den Adressbüchern von Frankfurt abgeglichen und Spuren gefunden. Dafür ein herzliches Dankeschön! Bis zum Jahrestag des ersten Spiels gegen den Bockenheimer FC 1899 am 19. März wird jeder Vereinsgründer vorgestellt sein. Je mehr von der Spurensuche erfahren, desto besser natürlich – also gerne weitersagen und teilen!