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01.05.2021
Museum

Frühlingsspaziergang auf Eintracht-Spuren - Teil 6

Da das Museum wegen der Coronapandemie geschlossen ist, startet einfach ein Stadtrundgang auf den Spuren der Eintracht.

Der Frühling ist da und wir bieten weiterhin den passenden Spaziergang auf den Spuren der Eintracht. Dazu sei euch das Buch „59 Eintracht-Orte“ ans Herz gelegt, das ihr unter museum@eintrachtfrankfurt.de für nur 15 Euro bestellen könnt. Die in dieser Serie vorgestellten Texte wurden dem Buch entnommen. Diesmal im Fokus: Ein Besuch bei der Drogerie Kreß. Denn gestern war es – unter Beachtung aller Coronaregeln – doch wieder spät, und der Kopf schmerzt. 

Drogerie Kreß

Wer gemütlich den Oeder Weg in Richtung Norden bummelt, der holt sich vielleicht im wunderbaren Bau des Hauses 71, in dem heute das Fischhaus Ohrmann beheimatet ist, ein Fischbrötchen. Womöglich ohne zu wissen, dass sich hier eine ganz eigene Eintrachtgeschichte verbirgt. Die Geschichte des Richard Kreß. Ein Mann der ganz besonderen Rekorde.

Als der gebürtige Fuldaer Richard Kreß 1948 aus französischer Kriegsgefangenschaft heimkehrte, war er 23 Jahre alt – und spielte anschließend für den FV Horas. Dabei erwarb sich der pfeilschnelle fußballerische Rechtsaußen den Spitznamen „Der Blitz von Horas“. Fünf Jahre später schloss er sich der Eintracht an. Kreß, nunmehr 28 Jahre alt, sollte für die nächsten 10 Jahre nicht mehr aus dem Team wegzudenken sein. Mit ihm wurde die Eintracht 1959 erstmals (und wie wir zerknirscht zugeben müssen auch leider letztmals) Deutscher Meister. Anschließend schaffte es die Truppe um Kapitän Alfred Pfaff auch im Europapokal der Landesmeister, Glanzlichter zu setzen. Unvergessen dabei das 6:1 im Halbfinale gegen die Glasgow Rangers im Frankfurter Waldstadion. Dadurch erreichte die Eintracht als erste deutsche Mannschaft das Endspiel. Knapp 130.000 Zuschauer im restlos ausverkauften Hampden Park in Glasgow konnten es kaum glauben, als Richard Kreß die Eintracht gegen das hochfavorisierte Real Madrid nach 18 Minuten mit 1:0 in Führung brachte. Letztlich aber setzten sich die „Königlichen“ erwartungsgemäß knapp gegen den Frankfurter Underdog durch. 7:3 hieß es am Ende und Real gewann zum fünften Mal in Folge den Europapokal. Richard Kreß hingegen schnappte sich den Endspielball – der heute im Eintracht Museum zu bestaunen ist. Als 1963 die Fußballbundesliga gegründet wurde und Eintracht Frankfurt zu den glücklichen Gründungsmitgliedern gehörte, kickte Kreß noch immer für die Eintracht. Am ersten Spieltag stand er in der Startformation. Und absolvierte sein allererstes Bundesligaspiel im Alter von 38 Jahren. Kein Wunder, war er doch all die Jahre zuvor für die Eintracht in der Oberliga Süd aktiv, der nach dem Krieg höchsten deutschen Spielklasse. Niemand war älter und aller Wahrscheinlichkeit dürfte auch in Zukunft niemand Älteres in der Bundesliga debütieren. Als er am 9. November 1963 gegen 18.15 Uhr zum 1:1-Ausgleich gegen Schalke 04 traf, war dies sein allererstes Bundesligator. Im Alter von 38 Jahren. Auch dies wohl ein Rekord für die Ewigkeit.

Aber weshalb erzählen wir dies? Waren wir nicht zunächst im Oeder Weg 71? Stimmt. Noch in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war der Fußball ein, zuweilen einträgliches, Zubrot; die Spieler aber verdienten sich ihren Lebensunterhalt meist ganz brav in bürgerlichen Berufen. Als Angestellter, Arbeiter, Gastwirt – oder als Drogist. Wie Richard Kreß. Und just genau dort, wo heute feiner Fisch verkauft wird, befand sich eine der beiden Drogerien von Richard Kreß, die er gemeinsam mit seiner Frau Inge betrieb. Dies war natürlich in Frankfurt stadtbekannt – und so pilgerten die jugendlichen Eintrachtfans in den Oeder Weg, um einen Blick auf ihr Idol zu erhaschen oder gleich ein Autogramm abzustauben. Manch einer fuhr sogar mit ihm mit der Straßenbahn zum abendlichen Training. Auch nach seiner Zeit bei der Eintracht schneiten immer wieder Fans vorbei: Eintracht-Sammlerlegende Doc Hermann erinnert sich: „Ich bin so ab 1966 immer mal in beide Geschäfte, Oeder Weg und Zeil, gegangen und bat um Autogramme. Da stand ein bescheidener Mann im weißen Kittel und erfüllte multiple Autogrammwünsche.“

Kreß, der 1964 seine aktive Karriere beendete, blieb zeitlebens in Frankfurt. Neun Länderspiele, in denen er zwei Tore erzielte, absolvierte er unter Sepp Herberger. Zwischen seinem ersten und dem zweiten Einsatz vergingen neun lange Jahre. Zur WM 1962 absolvierte er alle Qualifikationsspiele – um kurz vor der Weltmeisterschaft für das finale Turnier in Chile ausgebootet zu werden. Die Enttäuschung darob begleitete ihn sein ganzes Leben. Gestorben ist Richard Kreß im März 1996 im Alter von 71 Jahren. Bei der Eintracht aber ist er unvergessen. Und von Zeit zu Zeit besuchen wir sein Grab auf dem Frankfurter Hauptfriedhof. Das Nutzungsrecht, das in diesem Sommer abläuft, wurde vom Eintracht-Museum jüngst verlängert. Schließlich hat Richard Kreß eine große Zeit der Eintracht maßgeblich geprägt.

Kontakt

Eintracht Frankfurt Museum
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Mörfelder Landstraße 362
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