Dazu sei euch das Buch „59 Eintracht-Orte“ ans Herz gelegt, das ihr unter museum@eintrachtfrankfurt.de für nur 15 Euro bestellen könnt. Die Texte, die in den nächsten Tagen erscheinen, wurden dem Buch entnommen. Im vierten Teil der kleinen Serie geht‘s an den Riederwald.
Der Riederwald
Nachdem die alte Heimat der Eintracht am Ratsweg dem Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs zum Opfer gefallen war, blieb der Verein nach Kriegsende zunächst heimatlos. Bis zur Fertigstellung des neuen Riederwalds in der heutigen Alfred-Pfaff-Straße 1 - übrigens die einzige Straße in Frankfurt, die nach einem Eintrachtler benannt ist - trug der Club die Heimspiele gleich an vier verschiedenen Sportstätten aus. Neben dem Rosegger, auf dem schon der Vorgängerverein, der Frankfurter Fußballverein, spielte, traten die Adler regelmäßig nur wenige hundert Meter vom alten Riederwald entfernt am Bornheimer Hang an. Zu großen Spielen reiste die Mannschaft ins Waldstadion und in den letzten Monaten vor Eröffnung des neuen Sportgeländes kickte die Eintracht am Brentanobad, dem Platz von Rot Weiss Frankfurt.
Die Finanzierung der neuen Heimat bereitete dem Club einiges Kopfzerbrechen, erst eine Amerikareise der ersten Mannschaft im späten Frühling des Jahres 1951 sorgte nebst gewaltiger Anerkennung auch für Spendengelder über 50.000 DM. August Steuer, in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in die Vereinigten Staaten ausgewandert und nunmehr Präsident des DAFB, zeichnete als großer Anhänger der Eintracht dafür maßgeblich verantwortlich. Am 17. August 1952 wurde der neue Riederwald offiziell eingeweiht. Höhepunkt des Tages war das Spiel der Eintracht gegen die ägyptische Olympiaauswahl. Die 1:4-Niederlage ließ sich verkraften, zu stolz waren die Eintrachtler auf ihre neue Heimat, die nun bis zu 40.000 Zuschauern Platz bot. Prunkstück der Anlage war die selbsttragende Spannbetontribüne – die zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht ganz fertiggestellt und zudem etwas zu kurz geraten war. Die Zuschauer der ersten Reihen saßen zuweilen im Regen.
Bis zur Gründung der Bundesliga 1963 trug die Eintracht ihre Heimspiele am Riederwald aus – nur bei wichtigen Spielen zog sie ins Waldstadion um, wie bei den Endrundenspielen um die Deutsche Meisterschaft 1959. Doch nicht nur die Fußballer fanden am Riederwald ihre Heimat. Die Leichtathleten freuten sich über eine 400-Meter-Bahn, die Tennisabteilung über ein eigenes Tennishäuschen. Auch Hockey wurde recht erfolgreich gespielt. In der 1956 eröffneten vereinseigenen Gaststätte innerhalb der Haupttribüne ging es zuweilen hoch her, auch wenn diese ob eines Einwands der Bauaufsichtsbehörde tiefer gelegt werden musste. In den 90er Jahren erwies sich Uli Stein in der nun von Alfred Pfaffs Tochter Uschi geleiteten Kneipe als wahrer Meister am Flipperautomat.
Ebenfalls 1956 wurde der Riederwald mit Flutlicht ausgestattet. Ein eigens für die nächtliche Beleuchtung geschaffener Wettbewerb, der Flutlichtpokal, erblickte das Licht der Welt, den die Eintracht 1957 für sich entscheiden konnte. Nach zwei Remis gegen Schalke 04 stand es nach Hin- und Rückspiel unentschieden. Da die Auswärtstorregelung noch keine Anwendung fand, sorgte letztlich die Anzahl der mehr erzielten Ecken dafür, dass die Eintracht die Nase vorn hatte. Leider ist der Pokal heute verschollen.
Durch den Umzug der Fußballer ins Waldstadion im Jahr 1963 geriet der Riederwald etwas aus dem Fokus der Öffentlichkeit. Zwar trainierte die Eintracht hier noch bis ins Jahr 2000, das große sportliche Geschehen aber spielte sich mit Einführung der eingleisigen Bundesliga im Stadtwald ab. Dennoch blieb der Riederwald die Heimat der Eintracht, auch wenn zusehends der Zahn der Zeit an ihm nagte. Am 4. Oktober 1980 absolvierte der Club das letzte Pflichtspiel vor Ort. Das 6:0 im DFB-Pokal gegen den VfB Friedrichshafen vor nur 2500 Zuschauern war eine geschichtsträchtige Etappe einer Pokalrunde, die im Mai 1981 mit dem dritten Eintracht-Pokalsieg der Geschichte ein grandioses Ende fand.
Aber auch andere sportliche Leistungen konnten sich sehen lassen. 1966 fand hier ein Spiel der hessischen Rugbyauswahl gegen die belgische Nationalmannschaft statt. Gleich acht Eintrachtler standen in der Startformation. Und am 13. August 1975 stellte Walter Schmid an gleicher Stelle tatsächlich einen Weltrekord im Hammerwurf auf. Er schleuderte den 7,25-Kilogramm-Hammer über sensationelle 79,30 Meter.
Doch die Eintracht war im Laufe der Jahre mit der Finanzierung des großen Geländes überfordert. Um eine Überschuldung zu verhindern, fiel der Riederwald 1981 in die Hände der Stadt Frankfurt. Der Verfall nahm weiterhin kein Ende und so wurde 1988 auch das selbsttragende Dach, auf das die Eintrachtler so stolz gewesen waren, und der obere Teil der Sitzplätze zurückgebaut. Nichtsdestotrotz blieb der Riederwald weiterhin im Blickpunkt. Die Jugendmannschaften spielten sich hier zu mehreren deutschen Meisterschaften, der Abgang von Trainer Horst Ehrmantraut rührte die Eintrachtfans zu Tränen und die Amateure der Eintracht empfahlen sich auf dem Hauptfeld für größere Aufgaben. So wurde Sebastian Jung noch in diesem Jahrzehnt Nationalspieler.
Zwischen 2008 und 2010 rollten die Bagger und auf dem maroden Terrain entstand ein modernes Leistungszentrum mit angrenzender Dreifelderhalle. Zudem beherbergt der Riederwald ein Internat für die Nachwuchsspieler, in dem sogar die alte, sündhaft teure, Ledercouch von Jupp Heynckes eine neue Heimat gefunden hat. Zuvor wurde der Abschied gebührend zelebriert. Ex-Trainer Dietrich Weise führte Interessierte über das Gelände und schwelgte in Erinnerungen, Fans sicherten sich Erinnerungsstücke und die Eintracht verkaufte zwecks Finanzierung des Neubaus Steine aus dem Mauerwerk der alten Tribüne. Ganz zum Schluss verraten wir sogar noch, dass der Riederwald, wie wir ihn heute kennen, hoch offiziell gar nicht mehr im Stadtteil Riederwald liegt, sondern in Seckbach. Aber damit können wir ganz gut leben.
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