Sommerpause: Armin Veh ist zurück
Wirklich neu war der Mitte Juni vorgestellte Übungsleiter der Eintracht-Profimannschaft nicht. Armin Veh, nur gut ein Jahr zuvor nach drei erfolgreichen Jahren mit Aufstieg, Europa-League-Qualifikation und -Festspielen verabschiedet, übernahm wieder das Ruder bei der SGE, die ihn nie so ganz losgelassen hat.
Aber es gab in der Sommerpause auch noch Veränderungen an anderer Stelle: Wolfgang Steubing wurde vom neu zusammengesetzten Aufsichtsrat zum Vorsitzenden des neunköpfigen Gremiums gewählt. Er übernahm das Amt von Prof. Dr. Wilhelm Bender, der freiwillig ausschied.
Mit großer Spannung verfolgten alle Anhänger der Eintracht auch das Treiben auf dem Transfermarkt – und Sportdirektor Bruno Hübner schlug gleich mehrfach in Sachen Verstärkungen zu: Neben Stefan Reinartz (ablösefrei aus Leverkusen), der bereits vor Saisonende als Neuzugang feststand, kamen im Laufe des Sommers noch David Abraham (Hoffenheim), Keeper Heinz Lindner (Austria Wien), Luc Castaignos (Twente Enschede), Mijat Gacinovic (FK Vojvodina) und der finnische Nationaltorwart Lukas Hradecky (Bröndby Kopenhagen) dazu.
Letzterer kam als neue Nummer 1 fürs Tor, weil Kapitän Kevin Trapp trotz Vertragsverlängerung im Frühjahr die Eintracht verließ. Der Lockruf vom französischen Meister und Champions-League-Teilnehmer Paris St. Germain kommt vielleicht nur einmal in der Karriere. Da war es nachvollziehbar, dass die SGE ihrem Schlussmann keine Steine in den Weg legte, der zuvor drei Jahre großartige Leistungen für die Adlerträger abgeliefert hat. Und der Wechsel hat sich gelohnt: Kevin wurde sofort zum Stammtorwart bei Paris, steht nach der Hinrunde in der französischen Ligue 1 klar auf Platz 1 der Tabelle und überwintert in der Champions League. Chapeau!
Neben dem Kapitän verließen vor der Bundesligasaison 2015/16 auch Felix Wiedwald (Bremen), Nelson Valdez (Seattle Sounders), Jan Rosenthal (Darmstadt), Lucas Piazon (FC Chelsea/FC Reading), Olivier Occéan (Odds BK), Yusupha Yaffa (Duisburg) und Alexander Madlung (Düsseldorf) die Eintracht. Kurz nach Saisonbeginn verließ auch Takashi Inui den Klub in Richtung Eibar in Spanien, wo sich der japanische Nationalspieler einer neuen sportlichen Herausforderung stellen wollte.
Im Juli begann für Mannschaft, Trainer- und Betreuerteam dann wieder der Ernst des Lebens: die harte Sommervorbereitung auf die neue Spielzeit. Sie führte den Adlertross in zwei Trainingslager: zunächst ins österreichische Stubaital, wo vor allem die Grundlagenarbeit für Ausdauer und Fitness der Spieler gelegt wurden, und Ende Juli nach Windischgarsten, wo Armin Veh und Co an der Taktik feilen wollten. Dazu nutzte man wie gewohnt einige Testspiele, um verschiedene Formationen einzustudieren. Dabei kristallisierte sich ein 4-4-2-System heraus, in dem die beiden Stoßstürmer Haris Seferovic und Neuzugang Luc Castaignos gemeinsam in vorderster Front agierten.
Und natürlich gab es auch wieder zahlreiche Testspiele: Neben knappen Erfolgen gegen die englischen Zweiligisten Leeds (2:1) und Fulham (1:0) sowie einer knappen Niederlage gegn den deutschen Zweitligaklub FC Heidenheim (1:2) wurde die „Generalprobe“ im Rahmen der Saisoneröffnungsfeier gegen den FC Tokio mit 3:2 gewonnen – die SGE fühlte sich eine Woche vor Rundenstart gerüstet für Bundesliga und DFB-Pokal.
August / September: Traum-Comeback von Alex Meier
August
Das erste Pflichtspiel der Saison 2015/16 bestritt die SGE in Bremen – allerdings nicht beim Bundesliga-Traditionsverein SV Werder, sondern beim Bremer SV in der 1. Runde des DFB-Pokals. Die Eintracht erfüllte bei dem Fünftligisten ihre Pflichtaufgabe und gewann durch Tore von Castaignos, Aigner und Waldschmidt mit 3:0.
Richtig ernst wurde es dann eine Woche später, als die Eintracht zum 1. Spieltag der neuen Bundesligaspielzeit bei keinem Geringeren als dem Vizemeister und DFB-Pokalsieger VfL Wolfsburg zu Gast. Die Veh-Schützlinge hielten bei dem Spitzenklub über 90 Minuten gut mit, konnte nach den frühen Gegentoren von Perisic (13.) und Dost (17.) aber nur noch den Anschlusstreffer durch Stefan Reinartz (19.) schaffen. Dennoch: Das war ein durchaus gelungener Auftakt. Eine Woche später wollte man vor heimischem Publikum dann den ersten Saisonsieg einfahren – doch da machte der kämpferisch starke FC Augsburg nicht mit: Dank des Treffers von Marco Russ in der 86. Minute erreichte die SGE gerade noch einen Punkt.
Am letzten Augustwochenende war es dann aber soweit: Die Eintracht war beim VfB Stuttgart zu Gast und holte sich den ersten Ligasieg! Obwohl die Gastgeber in der ersten Halbzeit stark aufspielten und die SGE auf geballte Defensive setzte, schlug man die Schwaben in deren Stadion am Ende mit 4:1. Grund dafür war in erster Linie das starke Konterspiel und eine unglaublich effektive Chancenverwertung. Nach einem Eigentor von Hlousek und dem zwischenzeitlichen Ausgleich von Didavi trafen der überragende Castaignos und Seferovic für die Adlerträger. VfB-Schlussmann Tyton musste nach 67 Minuten und einer Notbremse am durchgebrochenen Castaignos mit Rot vom Platz.
September
Der September ließ sich für jeden Eintracht-Fan ganz besonders gut an: Nach der Länderspielpause und mit dem 4:1-Sieg aus Stuttgart im Gepäck empfing man in der heimischen Commerzbank-Arena den 1. FC Köln zum Spitzenspiel am Samstagabend. Den ersten Höhepunkt gab es schon vor dem Spiel: Alex Meier konnte nach Patellasehnen-Operation und knapp fünf Monaten Pause wieder mittun – und der vor der Saison von Armin Veh zum neuen Kapitän ernannte Offensivspieler durfte gleich von Beginn an ran.
Die 51 500 Zuschauer sollten an diesem Abend ein echtes Spektakel erleben: Vier Minuten waren erst gespielt, als Aleksandar Ignjovski butterweich auf den Kopf von Alex Meier flankte und der „Fußballgott“ bewies, dass er auch nach langer Leidenszeit noch weiß, wo das Tor steht – es war das frühe 1:0 und nur der Auftakt des Torreigens, in dessen Folge Meier noch zwei weitere tolle Tore machte – was für ein unglaubliches Comeback des Kapitäns! Weil auch Luc Castaignos erneut zweimal traf und auch der dritte Stürmer im Bunde, Haris Seferovic, noch ran durfte, siegte die SGE am Ende fulminant mit 6:2 (für die Kölner trafen immerhin Modeste und Heintz nach einem Eckball).
Klar, dass die Eintracht in den kommenden Wochen den Schwung aus den letzten zwei Partien mit zwei Siegen und zehn erzielten Toren mitnehmen wollte in die nächsten Partien. Doch leider wollte es dem Team nicht ganz gelingen: Zwar zeigte sie in den drei folgenden Spielen in Hamburg (0:0), auf Schalke (0:2) und zuhause gegen Hertha BSC (1:1) ansprechende Leistungen, doch es sprangen nur zwei Punkte und ein Treffer dabei heraus. Gerade bei den „Königsblauen“ und im Heimspiel gegen die Berliner wäre deutlich mehr drin gewesen. Und dann fiel auch noch Stürmer Haris Seferovic mit einer Muskelverletzung für mehrere Wochen aus.
Dennoch war man nach sieben Spieltagen und 9 Zählern punktemäßig im Soll.
Oktober / November: Formkrise und Verletzungen
Oktober
Der Oktober sollte kein guter Monat für die SGE werden: In der Bundesliga manövrierte man sich nach zwei bitteren Niederlagen bei Aufsteiger Ingolstadt (0:2)und gegen Gladbach (1:5) in eine Formkrise, die keiner so recht verstehen konnte, dem Team fehlte es auf einmal an Selbstvertrauen, nur wenige Torchancen wurden noch herausgespielt. Trainer Veh setzte deshalb auf eine defensivere Grundausrichtung seiner Mannschaft, die erstmal hinten kompakt stehen und sich so wieder das Zutrauen in die eigenen Offensivfähigkeiten holen sollte.
Am 10. Spieltag in Hannover sollte das dann auch gelingen: Nach dem 0:1-Rückstand durch Klaus drehte die Eintracht und allen voran Matchwinner Marc Stendera mit zwei Toren die kampfbetonte Begegnung noch zugunsten der Adlerträger. Durch das 2:1 verschafften sich die Hessen nach fünf sieglosen Spielen endlich mal wieder etwas Luft.
Doch das wiedererlangte Selbstbewusstsein währte nicht lange: In der darauffolgenden 2. Runde des DFB-Pokal stand die Eintracht bei Drittligist Erzgebirge Aue 90 Minuten neben den Schuhen, verlor am Ende mit 0:1 und schied verdient aus dem Wettbewerb aus.
Wiedergutmachung wollte man dann ausgerechnet im Heimspiel gegen den FC Bayern München betreiben, der bis dahin alle 10 Saisonspiele gewonnen hatte und sich absolut in Topform präsentierte. Die SGE zeigte sich mit einer extrem defensiven Ausrichtung und viel Leidenschaft tatsächlich gewillt, gegen den deutschen Rekordmeister etwas mitzunehmen. Obwohl die Bayern drückend überlegen waren, hielten die zwei dicht gestaffelten Abwehrreihen der Frankfurter die Münchner, die nur vier klare Chancen bekam, weit vom eigenen Tor weg. Auf der anderen Seite hatten Alex Meier und Marc Stendera zwei richtig gute Gelegenheiten, um vielleicht sogar für die richtig große Überraschung zu sorgen. Doch auch mit dem 0:0 waren am Ende alle hochzufrieden. Es sollte endlich die Wende zum Guten in der Liga sein.
November
Das Problem nur: Die Wende wollte dem verbissen kämpfenden Team nicht gelingen. Im November gesellten sich auch Luc Castaignos (Syndesmoseriss) und Stefan Reinartz (Patellasehnenprobleme) zu den Verletzten, immer wieder hatten auch die Innenverteidiger Carlos Zambrano, David Abraham und Marco Russ mit muskulären Problemen zu kämpfen, so dass von Eingespieltheit im so wichtigen Abwehrzentrum keine Rede sein konnte.
Was dem Team aber auch fehlte, war Spielglück. In Hoffenheim war man die klar spielbestimmende Mannschaft, doch der Ball wollte einfach nicht über die Linie und an Keeper Oliver Baumann vorbeirollen. So hieß es am Ende 0:0. In der darauffolgenden Woche gegen Leverkusen wurde man von einem effektiven und überlegenen Gegner verdient besiegt (1:3). Beim Nachbarschaftsduell in Mainz sah ausgerechnet Alex Meier seinen ersten Bundesligaplatzverweis überhaupt. Die Adlerträger kämpften in Unterzahl wacker und kamen zu Chancen, doch mehr als der 1:2-Anschlusstreffer durch Seferovic wollte nicht herausspringen.
Mit 14 Punkten war die SGE unter den fünf Letzten in der Tabelle angekommen und Armin Veh rief den Abstiegskampf aus: In dieser Saison und bei dieser harten Konkurrenz könne es nur darum gehen, drei Mannschaften hinter sich zu lassen.
Dezember: Hessenderby und ein wichtiger Sieg
Dezember
Das erste Dezemberwochenende hielt für alle hessischen Fußballfans ein ganz besonderes Erlebnis bereit: Zum ersten Mal nach 33 Jahren kam es in der Bundesliga wieder zum echten Derby zwischen der Eintracht und dem Sensationsaufsteiger Darmstadt 98. Die Südhessen, die zu diesem Zeitpunkt in der Tabelle bereits einen Platz vor der SGE standen und eine starke erste Halbserie 2015/16 spielten, und die Adlerträger schenkten sich in der erwartet kampfbetonten Partie nichts. Allerdings: Wieder einmal war den Veh-Schützlingen das Glück nicht hold – Darmstadt dagegen schon. Kapitän Aytac Sulu köpfte nach einer halben Stunde eine Freistoßflanke ins lange Eck, das 1:0 für die Gäste, die Eintracht war geschlagen. Eine ganz bittere Niederlage am 15. Spieltag, von der sich die SGE ausgerechnet beim so stark aufspielenden Tabellenzweiten aus Dortmund erholen wollte.
Doch auch beim BVB gab es nichts zu holen. Zwar brachte Alex Meier sein Team mit einem sehenswerten Distanzschuss früh in Führung. Doch nachdem Slobodan Medojevic nach nur zwei Fouls mit Gelb-Rot frühzeitig vom Feld musste, schaffte Dortmund den Turnaround: Am Ende siegten die Hausherren verdient mit 4:1. Und die Eintracht setzte ihre ganze Hoffnung ins letzte Heimspiel des Jahres gegen Tabellennachbarn Werder Bremen.
Am vierten Adventwochenende setzten die Adlerträger nochmal alles daran, eine sehr schwere Hinrunde versöhnlich abzuschließen und mit einem Sieg gegen Bremen den Abstand zur Abstiegszone wieder etwas zu vergrößern. Dank einer von der ersten Minute an leidenschaftlichen Leistung, bei der jeder Spieler für den anderen kämpfte, kam man zum vierten Saisonsieg. Dabei drehten Alex Meier und Stefan Aigner, der 17 Spieltage lang auf seinen ersten Saisontreffer warten musste, die Gästeführung durch Pizarro in einen verdienten 2:1-Erfolg. Nach dem Schlusspfiff war sowohl den Spielern als auch den Verantwortlichen um Trainer Armin Veh die ungeheure Erleichterung anzumerken. Dieser Sieg war so wichtig!
Mit 17 Punkten schloss die SGE damit die Hinserie der Saison 2015/16 auf Platz 14 ab und hatte zu diesem Zeitpunkt drei Punkte Vorsprung auf Relegationsplatz 16.
Januar / Februar: Meier-Dreier und schwere Wochen
Januar
Nachdem es den Eintracht-Tross Anfang Januar im dritten Jahr in Folge ins Wintertrainingslager nach Abu Dhabi zog, wo das Team einmal mehr beste Bedingungen vorfand, startete man am 24. Januar mit dem Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg in die Rückrunde. Mit dabei waren auch die Neuzugänge Marco Fabián (kam aus Mexiko von Deportivo Guadalajara), Szabolcs Huszti (CC Yatai), Kaan Ayhan (ausgeliehen von Schalke 04) sowie Änis Ben-Hatira und Yanni Regäsel (beide Hertha BSC), die der Mannschaft von Armin Veh frisches Blut geben sollte.
Es war klar: Die SGE brauchte zum Auftakt ins Jahr 2016 am besten einen Sieg, um sich weiter von den Abstiegsrängen zu distanzieren. Doch zunächst sah es nicht nach einem Dreier aus: Nach einem Treffer von Dante führten die überlegenen Wolfsburger zur Pause mit 1:0. Doch nach einer guten Stunde drehte die Eintracht auf und dank zwei Toren von Alex Meier das Spiel – es stand 2:1 eine Viertelstunde vor Schluss. Nach dem Ausgleich der „Wölfe“ durch André Schürrle schienen sich schon alle in der Commerzbank Arena mit dem gerechten Remis abgefunden zu haben, da schlug der „Fußballgott“ schon wieder zu: Nach toller Vorarbeit des Winterneuzugangs Marco Fabián staubte Meier in der dritten Minute der Nachspielzeit zum 3:2 ab – und die Adlerträger gingen in einem irre Spiel als Sieger vom Platz!
Den Schwung wollte die Eintracht natürlich ins zweite Rückrundenspiel nach Augsburg mitnehmen. Tatsächlich waren die Veh-Schützlinge das bessere Team, verpassten aber den Sieg – auch, weil FCA-Schlussmann Marwin Hitz bei drei hundertprozentigen Torchancen von Alex Meier, Stefan Aigner und Szabolcs Huszti zur Stelle war und die eigentlich verdiente SGE-Führung verhinderte. Am Ende hieß es 0:0. Dennoch waren die Frankfurter gut aus den Startlöchern in die Rückrunde gekommen und zeigten sich in den ersten beiden Partien spielerisch verbessert und zielstrebiger in den Aktionen nach vorne.
Februar
Der Februar in Deutschland war grau und trist – und das passte zu den Ergebnissen der Eintracht: 2:4 in einem munteren und eigentlich ausgeglichenen Spiel gegen Stuttgart, 1:3 in Köln, zweimal nur 0:0 in den aufeinanderfolgenden Heimpartien gegen Hamburg und Schalke, dazu das ernüchternde 0:2 in der darauffolgenden englischen Woche in Berlin. Die Adlerträger spielten zwar nicht schlecht, trafen aber das Tor nur noch selten und holten zu wenig Punkte. Die Folge war das erstmalige Abrutschen auf Relegationsplatz 16 am 24. Spieltag.
Erschwerend kam hinzu, dass Alex Meier wegen eines Knochenödems im Knie auf unbestimmte Zeit ausfallen sollte. Die SGE musste also in den kommenden Wochen ausgerechnet auf ihren Top-Torjäger verzichten, der zu diesem Zeitpunkt schon wieder 12 Saisontore auf sein Konto geschaufelt hatte. Dem Team von Coach Armin Veh standen schwere Zeiten bevor.
März / April: Niko Kovac übernimmt
März
Am 5. März stand für die Eintracht das im Rückblick extrem bedeutende Heimspiel gegen den stark aufspielenden Aufsteiger FC Ingolstadt auf dem Programm. Obwohl die SGE 22-mal aufs Tor schoss und die Partie klar überlegen führte, sprang am Ende wieder einmal nur ein 1:1-Unentschieden heraus. Es war wie verhext: Wie schon in den vorherigen Wochen schaffte es die Mannschaft in ausgeglichenen Begegnungen mit Mannschaften auf Augenhöhe nicht, das letzte Quentschen Durchschlagskraft im letzten Drittel auf den Rasen zu bringen und ein Tor mehr als der Gegner zu erzielen.
Die Konsequenz: Am Tag nach dem unglücklichen Ingolstadt-Spiel stellte der Eintracht-Vorstand Trainer Armin Veh von seinen Aufgaben frei. Es war das vorzeitige Ende einer Ära – doch das Team brauchte frischen Wind auf der Cheftrainer-Position, um das Ruder noch herumzureißen und den Abstieg aus der ersten Bundesliga zu vermeiden.
Zwei Tage später war der neue Coach gefunden: Ex-Bundesligaprofi Niko Kovac, der bislang noch nie als Cheftrainer einer Vereinsmannschaft an der Seitenlinie stand und bisher vor allem als Nationaltrainer Kroatiens bei der WM 2014 in Erscheinung getreten war, trat die Nachfolge Vehs an – eine definitiv mutige Entscheidung von Sportdirektor Bruno Hübner und dem Vorstand um Heribert Bruchhagen, einem jungen und in der Liga noch unerfahrenen Übungsleiter das Vertrauen zu schenken. Es sollte sich auszahlen.
Gemeinsam mit seinem Bruder und Co-Trainer Robert Kovac arbeitete der neue Trainer in den folgenden Tagen und Wochen mit seinem Team hart daran, wieder die „Basics“ hinzukriegen. Sollte heißen: Besser in der Verteidigung stehen, enger am Mann, einer kämpft für den anderen, dazu wollte man mit einfachen Pässen selbst gefährlich vors gegnerische Tor kommen. Während das beim Champions-League-Asprianten Borussia Mönchengladbach (0:3) nach nur drei gemeinsamen Trainingstagen noch nicht gelingen konnte, zeigten sich die Kovac-Schützlinge im darauffolgenden, so wichtigen Heimspiel gegen Schlusslicht Hannover 96 schon klar verbessert. Man war klar die bessere Mannschaft, kämpfte aufopferungsvoll und holte schließlich einen verdienten 1:0-Sieg.
Die SGE lebte noch – auch wenn sie mittlerweile auf dem 17. Tabellenplatz stand. Und es sollten mit Rekordmeister Bayern München, den wiedererstarkten Hoffenheimern und Bayer Leverkusen harte Gegner in den nächten Wochen folgen.
April
Anfang April stand für die Eintracht die traditionell extrem schwere Aufgabe beim FC Bayern auf dem Programm. Unter dem neuen Cheftrainer Niko Kovac präsentierte sich die SGE defensiv stark und setzte immer mal wieder Nadelstiche nach vorne – doch konnte man das Traumtor von Franck Ribéry zum knappen 1:0-Erfolg des deutschen Meisters nicht verhindern. Dennoch ließ sich auf der dieser Leistung aufbauen.
In der Woche darauf wollte man unbedingt den nächsten Heimsieg. Angepeitscht von den famosen Fans in der Commerzbank Arena gaben die Adlerträger gegen die TSG Hoffenheim alles, aber wieder einmal wollte das erlösende Tor nicht fallen. Stattdessen warteten die Kraichgauer geduldig auf Konter und siegten letztlich durch zwei Tore in Halbzeit 2 mit 2:0 – eine ganz, ganz bittere Niederlage. Die SGE steckte auf Tabellerang 17 fest und hatte nun schon drei Punkte Rückstand zum rettenden Ufer.
Und die nächste Aufgabe war nicht gerade einfacher: Beim Tabellenvierten Bayer Leverkusen legte die Eintracht fast eine Kopie des Hoffenheim-Spiels hin, man war mindestens ebenbürtig, vergab durch Sonny Kittel nach knapp 70 Minuten die Riesenchance zur Führung – und wurde am Ende bitter bestraft. Durch drei Treffer in den letzten 20 Minuten unterlag die SGE in Leverkusen mit 0:3. Der Abstand zu Tabellenplatz 15 betrug nun sechs Punkte und schien in unerreichbarer Ferne. Wenigstens Platz 16 (vier Punkte Rückstand) schien noch machbar. Doch man musste nun unbedingt anfangen zu punkten.
Es sollten die entscheidenden Spieltage werden: Gegen die Nachbarn aus Mainz und Darmstadt sowie die so stark auftrumpfende Borussia aus Dortmund musste die Eintracht nun unbedingt Siege einfahren, um wenigstens noch auf Relegationsplatz 16 zu kommen und den Klassenerhalt über Umwege zu sichern. Und endlich, endlich war der SGE das Glück wieder hold: Gegen Mainz gaben die Kovac-Schützlinge einmal mehr alles, kämpften bis zum Umfallen und hatten beim knappen 2:1-Sieg Fortuna auf ihrer Seite: Nachdem Daniel Brosinski die Gäste mit einem sehenswerten Freistoßtor in Führung brachte, drehten Marco Russ mit einem Slapstick-Tor im Fallen sowie der starke Änis Ben-Hatira mit einer glücklich abgefälschten Bogenlampe in der 84. Minute die Partie – 2:1 hieß es am Ende und die Eintracht konnte wieder Mut im Kampf um den Klassenerhalt schöpfen.
Doch noch war nichts erreicht. Ausgerechnet in Darmstadt, wo die SGE wegen einer Blocksperre ohne ihre Fans auskommen musste, sollte nachgelegt werden. Gesagt, getan. Zwar führte wieder der Gegner früh durch Mario Vrancic, doch die Adlerträger ließen sich auch von einem Elfmeter von Sandro Wagner nicht aus der Ruhe bringen – der in dieser Saison so überragend haltende Lukas Hradecky im SGE-Kasten parierte und ebnete seiner Mannschaft so den Weg zum Sieg. Makoto Hasebe und Stefan Aigner trafen in der zweiten Spielhälfte zum viel umjubelten und am Ende verdienten 2:1-Derbysieg. Die Eintracht stand jetzt wieder auf dem Relegationsplatz und hatte nur einen Zähler Rückstand auf Werder Bremen und Platz 15.
Mai: Großer Showdown mit gutem Ende
Mai
Der Mai 2016 sollte für die Eintracht und alle ihre Anhänger zum großen Schicksalsmonat werden – und einen echten Showdown bereit halten. Aber der Reihe nach: Nach den zwei knappen Erfolgen in den Nachbarschaftsduellen gegen Mainz und Darmstadt hatte die Eintracht am 7. Mai keinen Geringeren als Borussia Dortmund zu Gast – die bis dahin beste Mannschaft der Rückrunde, die im neuen Jahr noch keine Bundesligapartie verloren hatte. Vor der Begegnung wäre wohl jeder mit einem Punkt zufrieden gewesen, der der SGE auf jeden Fall die Chance auf zumindest den Relegationsplatz nach dem 34. Spieltag gewahrt hätte. Doch die einmal mehr von Niko Kovac exzellent eingestellten Adlerträger wollten auch gegen den scheinbar übermächtigen Gegner mehr und hatten zum dritten Mal in Folge das ganz entscheidende Spielglück auf ihrer Seite, das ihr so lange in dieser Saison gefehlt hatte: Nach der frühen Führung durch ein feines Kopfballtor von Stefan Aigner in der 14. Minute spielte eigentlich nur der BVB, drängte mit Macht in die Hälfte der Eintracht – doch der Abwehrriegel der Hessen stand bis zur 93. Minute wie eine Bank und ließ kaum eine ernsthafte Torchance zu. Die SGE rettete das 1:0 über die Zeit und war nach dem vorletzten Spieltag nun Fünfzehnter. Im letzten Spiel bei dem Sechzehnten Werder Bremen würde es nun zum direkten Duell um den direkten Klassenerhalt kommen und der Eintracht dabei ein Unentschieden reichen, um die Bundesliga zu sichern.
Doch es kam anders: Nach einem neuerlichen großen Kampf gegen die Weserstädter unterlag man am Ende ganz bitter und unglücklich mit 0:1 durch ein Standard-Tor von Djilobodji in der 88. Minute. Es war klar: Die SGE musste nun in die Relegation gegen den Dritten der zweiten Liga, den 1. FC Nürnberg.
Schon vor dem Hinspiel in Frankfurt musste die ganze Eintracht-Familie eine harte Nachricht verkraften: Bei Marco Russ wurde in Folge einer Dopingprobe eine Tumorerkrankung diagnostiziert. Doch bevor der Abwehrrecke operiert werden sollte, wollte er noch an den Relegationsspielen teilnehmen – die behandelnden Ärzte gaben grünes Licht für einen Einsatz und so lief Marco Russ in der ersten Partie gegen Nürnberg auf. Doch das Hinspiel stand zunächst unter keinem guten Stern: Russ unterlief nicht nur ein unglückliches Eigentor zum 0:1, er holte sich auch die 10. Gelbe Karte ab und fehlte damit im Rückspiel gesperrt. In der zweiten Halbzeit bäumten sich die Kovac-Schützlinge gegen einen extrem defensiven Gegner aber noch einmal auf und schafften durch den starken Mijat Gacinovic zumindest noch den 1:1-Ausgleich. Das Rückspiel bei den Franken musste jetzt jedoch unbedingt gewonnen worden – für die Klassenzugehörigkeit, vor allem aber für Marco Russ!
Und tatsächlich: Obwohl Nürnberg wie schon im Hinspiel mit acht Mann am eigenen Strafraum verteidigte und das Herausspielen von Chancen der Eintracht schwer fiel – der eine goldene Moment reichte zum Siegtreffer: Gacinovic tankte sich auf der linken Seite gegen mehrere Gegenspieler durch und gab im richtigen Moment in die Mitte, wo ausgerechnet Haris Seferovic, der so lange nicht mehr ins Netz getroffen hatte, das 1:0 erzielte (66.). Die SGE brachte das knappste aller Ergebnisse schließlich über die Zeit und bleibt damit auch im neuen Jahr erstklassig! Und das völlig verdient.
Es war eine absolut irre Spielzeit, die lange von viel Pech, zu wenig Durchschlagskraft und schlechten Ergebnissen geprägt war. Doch am Ende zeigte die SGE mit neuem Trainergespann, dass sie eine echte Einheit sein kann und überzeugte mit viel Leidenschaft, läuferischem Einsatz, Kampfeswillen und Teamgeist. Und genau mit diesen Voraussetzungen will man in der Saison 2016/17 wieder angreifen – und diesmal nicht bis zur allerletzten Sekunde zittern müssen.
Einen emotionalen Abschied gab es dann auch noch: Nach fast dreizehn Jahren im Amt legte Heribert Bruchhagen wie bereits lange zuvor angekündigt sein Amt als Vorstandsvorsitzender der Eintracht Frankfurt Fußball AG nieder - und übergab dem neuen Sportvorstand Fredi Bobic einen kerngesunden Klub, der auch in der kommenden Spielzeit da zuhause ist, wo er hingehört: in der ersten Bundesliga.