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19.03.2013
Klubmagazin

Uwe Müller: Wir waren eine verschworene Gemeinschaft

1978 wechselte er in die Jugend von Eintracht Frankfurt. Uwe Müller gewann als Jugendspieler die B- und A-Jugend Meisterschaft und gab in der Saison 82/83 sein Profi-Debüt. Im Interview berichtet er von seinen Anfangsjahren, einem ganz wichtigem Tor im Abstiegskampf gegen den VfB Stuttgart und seine Zeit in Österreich.

Hi Uwe, bereits in der Jugend wechseltest Du von Langenselbold zur Eintracht. In der Zeit hattet ihr die beste Jugend-Mannschaft im deutschen Fußball!

Ja, ich kam als B-Jugendlicher zur Eintracht. Wir hatten eine tolle Truppe, die fast die gesamten vier Jahre mit unserem Trainer Klaus Mank zusammen blieb. In diesen vier Jahren verloren wir kaum Spiele und wurden 1980 Deutscher B-Jugend Meister gegen Schalke 04 in der alten Glückauf-Kampfbahn auf Schalke. Auch in der A-Jugend holten wir 1982 den Titel gegen den VfB Stuttgart in Karlsruhe.

Die meisten von Euch haben dann auch den Sprung zu den Profis geschafft.

Allerdings! Hansi Gundelach, Peter Boy, Thomas Berthold, Mike Kahlhofen, Harry Krämer, Dennis Rieth, Holger Friz. Wie gesagt wir waren eine super Truppe. Nach der A-Jugend erhielt ich gleich einen Profivertrag.

Wie war dein Profi-Debüt?

Unser Trainer war damals der Österreicher Helmut Senekowitsch. Bei den ersten Bundesligaspielen in der Saison 82/83 war ich noch nicht im Kader. Als es aber bei unserer Mannschaft nicht so lief und wir einige verletzte Spieler hatten, durfte ich schon mal reinschnuppern. Nach vier oder fünf Spieltagen wurde unser Trainer beurlaubt und Branco Zebec übernahm. Mein erstes Spiel machte ich dann ein oder zwei Wochen später bei Bayern München (u.a. mit Pfaff, Augenthaler, Nachtweih, Breitner, Dieter Hoeneß, Kalle Rummenigge, Dürnberger, Dremmler). Wir verloren 4:0, was schade war, aber für mich trotz allem ein Riesenerlebnis. Mit Spielern wie Bum Kun Cha, Bruno Pezzey, Charly Körbel, Willi Neuberger, Bernd Nickel, Ronny Borchers oder Werner Lorant in einem Bundesligaspiel zusammen spielen zu dürfen, war einfach toll.

Welches Spiel mit der Eintracht bleibt unvergessen?

Da gibt es einige. Aber am prägendsten waren vermutlich die beiden Relegationsspiele 1984 gegen den MSV Duisburg. Die Eintracht kämpfte ums überleben und wir mussten unbedingt die Klasse halten, was uns dann auch gelang.

Du sprichst eine schwierige Saison an. Kannst du dich noch an den 12.05.1984 erinnern?Gegner damals wie heute der VfB Stuttgart.

Ich glaube an dem Tag spielten wir in Stuttgart 2:2-Unentschieden. Wir lagen lange 0:2 hinten. Ich wurde 15 Minuten vor Spielende eingewechselt. Thomas Berthold erzielte kurz vor Schluss den Anschlusstreffer. Und in der Nachspielzeit machte ich das 2:2!

Ein ganz wichtiges Tor, denn ihr befandet euch mitten im Abstiegskampf. Zwischenzeitlich gelang Euch in 17 Spielen kein Sieg.

Wir waren ja ein ganz junges Team. Die Eintracht hatte eine finanzielle Krise. Spieler wie Bruno Pezzey, Bernd Nickel und Bum Kun Cha mussten vor der Saison verkauft werden. Es ging um die Existenz des Vereins. Ein Abstieg in die 2. Liga hätte die Eintracht damals kaum überstanden. Aber auch trotz der vielen Negativerlebnisse bzw. der Niederlagenserie waren wir eine verschworene Gemeinschaft und hatten eine tolle Kameradschaft. Und so kamen wir auch wieder zurück auf die Erfolgsspur.

Welche Rolle spielte der Trainer Dietrich Weise?

Dietrich Weise war zuvor jahrelang DFB-Jugendtrainer und wir spielten fast alle schon unter ihm. Er kannte uns und wir kannten ihn. In dieser Situation war er genau der richtige Trainer, um das Ziel Nicht-Abstieg zu erreichen.

War der Punktgewinn gegen Stuttgart der Befreiungsschlag kurz vor Rundenschluss?

Schon eine Woche zuvor schlugen wir den 1. FC Nürnberg im Waldstadion mit 3:1. Charly Körbel schoss in diesem Spiel zwei Tore und brach sich kurz vor Schluss das Bein. Ein Sieg für das Selbstvertrauen, aber wieder ein Rückschlag, da unser bester Spieler wochenlang ausfiel. Aber gerade diese Tatsache schweißte uns noch mehr zusammen. Wir holten in Stuttgart einen wichtigen Punkt, wenn auch glücklich, aber mit einer Riesenportion Leidenschaft. Im nächsten Spiel gewannen wir dann noch beim Tabellenführer Hamburg und machten dadurch den VfB Stuttgart zum Deutschen Meister. Das letzte Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern gewannen wir ebenfalls.

Damit beendete ihr die Saison auf dem Relegationsplatz.

Ja, obwohl wir, nach dieser tollen Aufholjagd, die Relegation beinahe noch vermieden hätten. Doch der VfL Bochum gewann auch sein letztes Spiel. In der Relegation gegen den MSV Duisburg lief es im Hinspiel in Duisburg optimal. Wir gewannen 5:0. Man darf aber nicht vergessen, dass beim Stand von 0:0 unser Torwart Jürgen Pahl einen Elfmeter von Roland Wohlfahrt gehalten hat. Wer weiß wie das Spiel gelaufen wäre, wenn der Elfmeter gesessen hätte. Im Rückspiel vor ausverkauftem Haus im Waldstadion reichte uns dann ein 1.1-Unentschieden für den Klassenerhalt.

Nach deiner Zeit in Frankfurt bist du lange in Österreich gewesen.

Ich habe neun Jahre in der österreichischen Bundesliga gespielt. 1988 bin ich von der Eintracht zu Admira/Wacker Wien gewechselt. In meinem ersten Jahr, Ex-Eintracht Spieler Fred Schaub wechselte in dieser Saison übrigens auch dorthin, wurden wir Vizemeister und erreichten das Pokalfinale. Wir mussten uns nur dem FC Wacker Innsbruck mit Trainer Ernst Happel geschlagen geben. Bei Innsbruck spielten u.a. Hansi Müller, Bruno Pezzey, Peter Pacult und Christoph Westerthaler. In den folgenden Jahren waren wir fast immer unter den ersten vier und spielten regelmäßig im Europacup. Trainer waren u.a. Sigi Held und der Ex-Eintrachtler Thomas Parits.

Das klingt nach einer fantastischen Zeit?!

Absolut, insgesamt waren das neun super geile Jahre in einer der schönsten Städte der Welt. Das ich einen bleibenden Eindruck hinterlassen habe, erkennt man auch daran, dass ich vor vier Jahren in die Jahrhundertelf von Admira/Wacker gewählt wurde.

Verfolgst du die Liga noch heute?

Ja, nach wie vor verfolge ich die Spiele via Sky Austria. Auch zu meinen ehemaligen Mitspielern habe ich noch guten Kontakt und wir treffen uns alle paar Jahre zum Skifahren im Stubaital.

Zurück zur Bundesliga: Die Eintracht hat eine sensationelle Hinrunde gespielt, in der Rückrunde stockt es noch etwas. Wie bewertest du das?

Es war eigentlich klar, dass man so eine Hinrunde als Aufsteiger nicht wiederholen kann oder wird. Man muss auch sehen, dass in der Hinrunde einige Spiele auf der Kippe standen und die gewonnenen Spiele hätten genauso gut andersherum ausgehen können. Kevin Trapp hat doch in fast jedem Spiel zwei bis drei hundertprozentige Chance vereitelt. Jetzt in der Rückrunde wird nicht anders gespielt, nur das Quäntchen Glück, was man in der Vorrunde des Öfteren hatte, ist halt nicht immer vorhanden. Wichtig ist aber nach wie vor, dass man sieht, was die Trainer ausgeben und die Spieler die Philosophie umsetzen. Es macht richtig Spaß der Eintracht zu zuschauen.

Was erwartest du vom Spiel gegen den VfB und wie lautet dein Tipp?

In den letzten Wochen hat es mit dem Tore schießen nicht immer so hingehauen. Heute reicht ein Tor und Kevin Trapp hält den Kasten sauber. Ich tippe auf einen 1:0-Sieg, Torschütze Alex Meier.

Zur Tradi-Mannschaft: Du fungierst praktisch als Trainer der Traditionself. Was gehört zu deinen Aufgaben?

Trainer in Anführungszeichen. Clemens Appel organisiert das Drumherum und kontaktiert unsere Spieler. Ich habe dann die Aufgabe die ersten Elf in einer Formation auf die Taktiktafel zu schreiben. Aber wir haben alle jahrelang auf höchstem Niveau Fußball gespielt, daher brauch eine Traditionsmannschaft auch keinen Trainer, der noch jemanden was beibringen muss oder ihm sagen muss, wo er hinlaufen soll.

Was sind für Euch die Highlights oder besondere Erlebnisse mit der Tradi-Mannschaft?

Im Prinzip ist jedes Treffen wieder ein Highlight für sich, um mit den Mitspielern von damals wieder zusammen zuspielen und nach den Spielen von alten Zeiten zu erzählen. Aber besonders schön sind die Turniere an denen andere Tradi-Mannschaften teilnehmen, wie zum Beispiel der Klosterpforten Cup in Marienfeld bei Bielefeld. Dort trifft man dann die Spieler wieder, gegen die man vor 25 Jahren gespielt hat.

Zu guter Letzt: Was machst du heute?

Vor meiner Bundesligakarriere schloss ich meine Lehre als Bankkaufmann ab. Nach meiner Karriere (1997) bin ich in diesen Beruf wieder zurückgekehrt. Mit der Tradi-Mannschaft haben wir ca. 20 bis 30 Spiele in der Saison. Des Weiteren trainiere ich den VfR Meerholz in der Kreisoberliga Gelnhausen. Und bei der Eintracht Frankfurt Fußballschule bin ich seit der Gründung 2001 jedes Jahr mindestens eine Woche als Trainer dabei.

Ein herzliches Dankeschön an Uwe Müller für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft. Wir freuen uns auf viele weitere Spiele mit ihm und der Traditionsmannschaft.