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22.10.2012
Traditionsmannschaft

Matthias Dworschak – Talent, Training und Taktik sind nicht allein entscheidend

Matthias Dworschak wechselte als Jugendspieler in die B-Jugend von Eintracht Frankfurt und schaffte über die Amateurmannschaft (87 Spiele) den Sprung in den Profikader. In der Saison 1994/95 feierte er sein Bundesligadebüt und lief 19-mal für unsere Eintracht auf. Danach wechselte er zu Hannover 96 und konnte dort einen Aufstieg feiern. Matthias Dworschak im Gespräch über seine aktive Zeit in Frankfurt und Hannover, die aktuelle Entwicklung in beiden Vereinen und seine heutigen Aktivitäten.

Hallo Matthias, lass uns zunächst über deine Eintracht Vergangenheit sprechen. Wie waren deine Anfangsjahre in Frankfurt?

1989 wechselte ich von meinem Heimatverein dem FC Eddersheim in die B-Jugend der Frankfurter Eintracht. Danach durchlief ich ganz normal die Jugendmannschaften. Besonders in der A-Jugend hatten wir eine super Mannschaft, damals mit Oka Nikolov, Matthias Hagner, Thomas Sobotzik oder Matthias Becker. Das sind alle tolle Spieler, die ihren Weg gegangen sind. Nach der A-Jugend spielte ich dann bei den Eintracht-Amateuren und hatte in der Saison 1991/92 meine ersten Einsätze in der Oberliga Hessen. Drei Jahre später schafften wir den Aufstieg in die Regionalliga Süd, das war natürlich ein toller Moment. In dieser Saison 1994/95 konnte ich dann auch mein Bundesligadebüt bei den Profis feiern.

Wie ist Dir dein Debüt in Erinnerung geblieben?

Das war natürlich ein absolutes Highlight. Es war der letzte Spieltag der Bundesliga-Saison und wir trafen im Heimspiel auf 1860 München. Für beide Mannschaften ging es in diesem Spiel um nichts mehr, trotzdem war bei mir die Nervosität groß. Aber die Mannschaft hat mir mein Debüt leicht gemacht. Ich kann mich noch erinnern, dass mir damals besonders Rudi Bommer zur Seite stand. Da war ich in guten Händen. Am Ende haben wir das Spiel mit 3:1 gewonnen. Das Debüt bleibt ein unvergessliches Erlebnis für jeden Fußballer.

Es gab wahrscheinlich noch jede Menge weitere toller Spiele und Momente?

Ja, natürlich. Besonders gerne erinnere ich mich an das Spiel gegen Bayern München, leider in der Abstiegssaison 1995/96. In der Hinrunde fegten wir sie mit 4:1 aus dem Stadion. Ich stand die vollen 90 Minuten auf dem Feld, Matthias Hagner schoss zwei Tore und Siege gegen Bayern waren einfach am Schönsten.

Du hast damals den Sprung von der Jugend in den Profikader geschafft. Wie unterscheidet sich dies im Gegensatz zu heute?

Ich denke, dass es sich heute etwas nach vorne versetzt hat und schnelllebiger geworden ist. Als junger Spieler muss man viel entbehren, gerade im privaten Bereich. Dem Fußball ist viel unterzuordnen, wenn man wirklich Profi werden will. Dies ist im Vergleich von heute und damals sehr ähnlich. Heute werden die Spieler aber viel früher ins kalte Wasser geworfen. Die Ausbildung hat sich verbessert, es wird auch viel mehr Wert auf eine vielseitige Ausbildung im Jugendbereich gelegt. So erlangen die Spieler im spiel-technischen, spiel-taktischen Verhalten, aber auch in Sachen Dynamik und Kraft, früher ihre Bundesligareife. Früher durfte man sich zunächst meist noch ein paar Jahre in der Amateurmannschaft beweisen und hat dann irgendwann seine Chance bekommen. Aber so schnell wie heute ging das nicht. Ich glaube, wenn heute ein junger Spieler nicht gleich den Sprung schafft, dann wird es schon wieder schwer, weil die Nächsten schon wieder nachrücken. Dazu kommt der Spagat zwischen Schule und Fußball, den man bewältigen muss. Aber den gab es früher auch, ich habe bspw. parallel noch eine Lehre absolviert.

Kommen wir zum aktuellen Geschehen. Wie bewertest du den tollen Saisonstart der Eintracht?

Ich denke, dass viele Spiele pro Eintracht Frankfurt gelaufen sind, was man sich allerdings auch erarbeiten muss. Dafür muss man 90 Minuten hochkonzentriert sein, damit man auch solche Spiele für sich entscheidet. Denn in allen Spielen gab es Phasen, in denen hätte das Spiel auch in eine andere Richtung kippen können. Aber die Mannschaft und der Trainer wird das schon richtig forcieren und einschätzen können. Nichtsdestotrotz hat das Team nun viel Selbstvertrauen getankt und kann auch die Niederlage am letzten Spieltag gegen Gladbach wegstecken.

Unsere Eintracht konnte in einigen Spielen einen Rückstand noch drehen. Was braucht deiner Meinung nach ein Team oder der Trainer, damit so etwas immer wieder gelingt?

Ein Patentrezept dafür gibt es nicht, sonst müsste ich mal Armin Veh danach fragen. Denn bei meiner Mannschaft klappt das leider noch nicht so gut (lacht). Aber wenn es eine Mannschaft in den ersten ein oder zwei Partien schafft, dann wächst einfach der Glaube jedes einzelnen Spielers auf dem Platz, es jederzeit wieder schaffen zu können. Gerade nach der Bestätigung im Spiel gegen Dortmund, wo man sogar einen 2:0-Rückstand aufholte. Dann geht man mit breiter Brust raus und hat das Gefühl Berge zu versetzen. Fußball hat ja auch unheimlich viel mit dem mentalen Bereich zu tun. Man benötigt Selbstsicherheit und Vertrauen in seine Leistung und Möglichkeiten. Talent, Training und Taktik sind nicht allein entscheidend, letztendlich ist jeder Spieler ein Mensch, der mit Problemen, Rückschlägen und Niederlagen umgehen muss. Die Sicherheit kommt dann über den Erfolg.

Was traust Du der Eintracht diese Saison noch zu?

Ich glaube, wenn ich der Eintracht versprechen könnte, dass am Ende ein neunter Platz herausspringt, würden mir die Verantwortlichen sofort die Hand schütteln und dankend annehmen. Das wäre nach dem Aufstieg eine hervorragende Platzierung. Alles was besser wäre, nimmt man natürlich gerne mit. Ich kenne das ja auch von früher, jeder schielt nach solch einem Start gerne auf die Tabelle, aber man kommt dann auch schnell wieder auf den Boden der Tatsache. Ich denke, wir tun gut daran, wenn wir die Mitte finden. Und im letzten Viertel der Saison, wenn hoffentlich der Klassenerhalt gesichert ist, kann man immer noch schauen, ob man noch ein paar Plätze nach oben klettern kann.

Du hast auch beim heutigen Gegner Hannover 96 gespielt, welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?

Mit Hannover habe ich damals den Aufstieg von der Dritten in die zweite Liga erlebt. Das war noch immer eines der größten Momente in meiner Karriere. In der Aufstiegsrunde hatte ich zunächst das Glück in 32 Spielen von Anfang an dabei zu sein und gesund durch die Saison zu kommen. Allerdings zog ich mir kurz vor dem Showdown einen Knöchelbruch zu, der mich darauf sechs Monate außer Gefecht gesetzt hat. So verpasste ich leider die Relegationsspiele. Aber als wir im Elfmeterschießen uns durchsetzten und der Aufstieg damit perfekt war, da hatte ich das Gefühl: Ich kann wieder laufen (lacht)! Obwohl ich kurz davor operiert worden bin. Es war ein großartiger Augenblick. Darüber hinaus verbinde ich mit Hannover 96 auch viele tolle Fußballer, mit denen ich spielen durfte. Da war ein Sebastian Kehl, Gerald Asamoah, Markus Kreuz oder Fabian Ernst, die Liste ist lang. Dazu gehört genauso Reinhold Franz, der ja auch für beide Mannschaften als Trainer aktiv war und unter dem wir in Hannover sehr erfolgreich waren. Auch privat war Hannover eine schöne Zeit, ich habe mich dort sehr wohl gefühlt. Nur leider komme ich heute viel zu selten dazu, die Stadt mal wieder zu besuchen.

Hannover hat über die letzten Jahre eine enorme Entwicklung genommen. 1998 der Aufstieg in die zweite Liga, 2002 stieg das Team in die erste Bundesliga auf und spielt nun in der Europa League. Auf was führst du diese Entwicklung zurück?

Als ich nach Hannover kam hatten wir eine ganz schwere Zeit zu überstehen. Der damalige Präsident Utz Claassen wollte den Laden schon dicht machen. Dagegen hat sich natürlich Verein, Funktionäre, Fans, Trainer und Mannschaft gewehrt und wir haben einen Weg aus der Krise gefunden. Martin Kind kam an die Spitze und ich denke, dass er der Baumeister all dessen ist, was in Hannover passierte. Er ist mit Sicherheit nicht immer ein einfacher Mensch. Wenn er in der Kabine aufgetreten ist, dann war es Mucksmäuschenstill. Aber er hat Struktur in den Verein gebracht und lebt seine Visionen aus, denen du bedingungslos folgen kannst. Auch wenn ich ihn damals nur kurz erlebt habe, er ist auch heute noch ein Führungsmensch und ich verknüpfe die erfolgreiche Entwicklung sehr mit ihm.

Zum heutigen Spiel: Was erwartest Du und wie lautet dein Tipp?

Wenn ich mich noch an meine Jugendzeit erinnere, dann glaube ich wäre Eintracht gegen Hannover nie ein Kassenschlager gewesen. Heute sieht es anders aus. Die Eintracht hat sich jetzt kurzzeitig toll entwickelt, Hannover schon die letzten Jahre. Vor allem habe ich bei beiden Mannschaften das Gefühl, dass sie unheimlich tollen Fußball bieten wollen und nicht nur reinen Ergebnisfußball spielen. Der Fußball soll den Leuten als Produkt auch gefallen. Von dem her freue ich mich sehr auf das Spiel und da ich noch für beide Mannschaften bin, wünsche ich mir am Besten ein Ergebnis wie ein 4:4.

Also einen offenen Schlagabtausch mit vielen Toren?

Absolut, so wie ich beide Mannschaften einschätze. Obwohl sie auch sehr kontrolliert spielen, suchen beide den schnellen Weg nach vorne,

Du bist auch für unsere Tradi-Mannschaft am Ball. Was sind das für Erlebnisse?

Ich freue mich natürlich jedes Mal mit ehemaligen Spezies zusammenzuspielen. Aber darüber hinaus schafft es eine unglaubliche Verbindung, gerade zu Spielern, die man selbst nur aus dem Fernsehen kennt. Charly Körbel war mein Trainer, mit Roth, Anicic oder Glöckner habe ich selbst gespielt. Aber gerade die anderen Spieler aus dem Tradi-Kader kennenzulernen und miteinander Fußball zu spielen, das macht für mich den Reiz Tradi-Mannschaft aus und ist eine unglaublich tolle Sache.

Was machst Du heute beruflich?

Zum einen bin ich Trainer beim FC Eddersheim, zum anderen bin ich in der Fußballschule von Alex Schur sehr aktiv tätig. Bis zum Sommer war ich auch noch in einer Grundschule in Flörsheim als Sportlehrer tätig und schaue derzeit, ob ich was ähnliches übergangsweise finde. Denn im Trainerjob habe ich nun etwas Blut geleckt und ich möchte mich auf jeden Fall für den nächsten Lehrgang des Fußballlehrers anmelden und zunächst den Eignungstest absolvieren. Wenn ich dort den Leuten ins Auge steche und sie meinen, dass meine Trainerqualitäten zu fordern und fördern sind, dann würde ich das auf jeden Fall in Angriff nehmen.

Welchen Einfluss nimmst du als Senioren-Trainer auch auf den Jugendbereich?

Wir haben in Eddersheim eine relativ junge Mannschaft. Als Hessenligist haben wir in unserem 23-Mann-Kader neun Spieler aus der eigenen Jugend. In diesen Leistungsklassen ist das schon etwas Besonders. Von dem her ist eine Bindung gegeben, ansonsten liegt es am Trainer selbst, wie viel Zeit er sich für den Jugendbereich nimmt. Allerdings ist in Eddersheim besonders Schade, dass es neben dem Rasenplatz nur einen Hartplatz für die Jugend gibt. Leider schafft es die Stadt nicht, dieser wahnsinnig guten Jugendarbeit einen Kunstrasenplatz zu bieten, um auch wettbewerbsfähig zu sein. Das macht es uns leider doppelt und dreifach schwer.

Zu guter Letzt: Was wünscht du beiden Mannschaften?

Alle sollen gesund bleiben, das ist das Wichtigste. Hannover wünsche ich neben der Bundesliga auch in der Europa-League den nötigen Erfolg. Die Eintracht, und da wollen wir nicht herumspinnen, soll glücklich sein, wenn sie die Klasse hält. Alles was besser ist kann man dann feiern.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Matthias Dworschak für das ausführliche Gespräch und wünschen ihm in seiner Trainerlaufbahn sowie privat alles erdenkliche Gute.