04.10.2023
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Historie: Die Eintracht und PAOK

Am Donnerstag spielt die Eintracht in der UEFA Europa Conference League bei PAOK Saloniki. Wie so häufig, ist es nicht das erste Aufeinandertreffen beider Klubs. Ein Blick auf die Historie.

PAOK Saloniki? Da war doch was? Richtig, 1981 setzte sich die Eintracht im Europapokal der Pokalsieger erst im Elfmeterschießen in Saloniki durch und erreichte die zweite Runde. Vor dem erneuten Aufeinandertreffen in der UEFA Europa Conference League hat kicker-Redakteur und Eintrachtfan Uli Matheja unseren Gegner ausführlich analysiert.

Die frühen Jahre

Die Gründung des „Panthessalonikeios Athlitikos Omilos Konstantinoupoliton“ (Panthessalonikischer Sportklub der Konstantinopler) ist eine direkte Folge der „Mikrasiatikí Katastrofí“ (Kleinasiatische Katastrophe), der griechischen Niederlage im Krieg gegen die Türkei 1919 – 1922. Diese führte zur Flucht, Vertreibung und Umsiedlung von rund 1,5 Millionen Griechisch-Orthodoxen aus dem Osmanischen Reich und einer halben Million Moslems aus Nordgriechenland und den Ägäischen Inseln. Durch diesen enormen Bevölkerungszuwachs war damals jeder vierte Einwohner Griechenlands ein Flüchtling.

Als Interessenvertretung der aus Konstantinopel (Istanbul) nach Thessaloniki gekommenen Griechen, darunter auch Mitglieder des 1877 im Konstantinopler Stadtteil Pera gegründeten „Sport- und Kulturvereins Hermes“ und des „Pera Sport-Club“,  wurde am 15. Januar 1923 die „Union von Konstantinopel“ gegründet, aus der später die „Byzantinische Sportunion“ (B.A.E.) und am 6. April 1924 die Vereinigte Sportabteilung entstand. Die Abspaltung der Fußballer als AEK Thessaloniki am 27. Dezember 1925 führte zur Gründung von PAOK, die am 20. April 1926 gerichtlich bestätigt wurde.

Das PAOK-Logo ab 1926.

Das erste Vereinswappen bestand aus einem Hufeisen und einem vierblättrigen Kleeblatt mit den Initialen des Vereinsamens. Nach der Übernahme von AEK wurde 1929 der noch heute verwendete byzantinische Doppelkopfadler angenommen, seit 2013 mit einem goldenen Rand zum Andenken an die byzantinische Herkunft. Die Vereinsfarben sollen an den Verlust der Heimat (schwarz) und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft (weiß) erinnern.

1926/27 spielte PAOK in der B-Gruppe der Meisterschaft von Thessaloniki. Obwohl sieben der acht Spiele gewonnen wurden, durfte der Klub nach den damaligen Regeln aber nur aufsteigen, wenn auch alle Mannschaften der A-Gruppe geschlagen wurden! Thermaikos 4:1, Aris 2:1, Atlantas 2:0 (am grünen Tisch), 1:0 Iraklis. PAOK ist bis heute eine von nur drei Mannschaften in Griechenland, die nie abgestiegen ist, die beiden anderen sind Olympiakos Piräus und Panathinaikos Athen.

Seine ersten Spiele trug PAOK auf dem Platz von Thermaikos aus, wechselte 1929 jedoch auf das Gelände von AEK Thessaloniki am Syntrivani-Platz, das zu einem Stadion ausgebaut und am 5. Juni 1932 mit einem 3:2 gegen Iraklis eingeweiht wurde. Namensgeber war ein 1889 auf dem Platz errichteter Brunnen. Als das Stadion der Theologischen Fakultät der Aristoteles-Universität weichen musste, zog PAOK 1959 ins Toumba-Stadion. Der Brunnen steht aber immer noch und ist ein beliebter Treffunkt in der Stadt. Toumba hat heute ein Fassungsvermögen von 28.701 Menschen. Der Zuschauerrekord von 45.252 wurde am 19. Dezember 1976 beim 0:0 gegen AEK Athen aufgestellt.

Das aktuelle PAOK-Logo.

Sportlich stand PAOK noch lange im Schatten der Lokalrivalen Iraklis (gegründet 1908) und Aris (1914) und konnte sich erst 1937 die Meisterschaft von Thessaloniki sichern. 1939 erreichte PAOK das Pokal-Endspiel, unterlag jedoch mit 1:2 gegen AEK Athen. 1940 wurde PAOK nordgriechischer Meister, musste im Finale der nationalen Meisterschaft aber erneut AEK den Vortritt lassen (A 0:1, H 3:4 nach 2:0-Führung).

Gründungsmitglied der neuen Nationalliga

Nach dem 2. Weltkrieg gewann PAOK 1948, 1950, 1954, 1955, 1956 und 1957 sechs Stadtmeisterschaften, konnte aber nie entscheidend in den Kampf um die griechische Meisterschaft eingreifen. Im Pokal gab es 1951 und 1955 abermals Final-Niederlagen gegen Olympiakos (0:4) und Panathinaikos (0:2). 1959 gehörte PAOK als Vizemeister von Thessaloniki und Teilnehmer an der Endrunde um die griechische Meisterschaft zu den Gründungsmitgliedern der neuen Nationalliga „A Ethniki“.

Doch auch im neuen Oberhaus blieben Erfolge zunächst aus. Zwischen 1970 und 1974 erreichte PAOK fünfmal in Folge das Pokalendspiel, konnte aber nur zwei siegreich gestalten. 1970 gegen Panathinaikos (2:1) und 1972 gegen Olympiakos (n. V. 2.2, Elfmeterschießen 4:3). 1973 wurde die Meisterschaft mit zwei Punkten Rückstand auf Olympiakos knapp verfehlt. In dieser Saison galt letztmals folgende Punktwertung: Sieg = 3 Punkte, Unentschieden = 2 Punkte, Niederlage = 1 Punkt. Seinen ersten Europapokalauftritt hatte PAOK 1965/66 im Messepokal, schied aber in der 1. Runde gegen den Wiener SC aus (2:1, 0:6). Erst 1976 holte sich PAOK mit fünf Punkten Vorsprung auf AEK Athen die erste Landesmeisterschaft und landete in den folgenden neun Jahren stets in den Top-Fünf. 1985 folgte Titel Nr. 2, aber im Pokal blieb man weiterhin glücklos und verlor weitere fünf Endspiele. Erst 2001 (4:2 gegen Olympiakos) und 2003 (1:0 gegen den Lokalrivalen Aris) konnte man sich wieder als Pokalsieger feiern lassen.

Auch eine Auswärtsreise wurde 1981 angeboten.

Die Duelle mit der Eintracht

1981/82 nahm PAOK als Verlierer des Pokal-Endspiels am Europapokal der Pokalsieger teil und traf in der 1. Runde auf die Eintracht, die das Hinspiel im Waldstadion durch Tore von Pezzey und Körbel mit 2:0 gewann. Nachdem Kostikos im Rückspiel in der 38. und 60. Minute den Rückstand egalisiert hatte, schien der „Rauswurf. . . gegen die vor allem nach der Pause entfesselt anstürmenden Griechen scheinbar nur noch eine Frage der Zeit.“ Die Eintracht wankte, aber sie fiel nicht. Nach 120 Minuten ging’s ins Elfmeterschießen. Lorant, Körbel, Trapp, Nachtweih und Pezzey trafen für die Eintracht. Auch PAOK hatte bis zum 4:4 immer getroffen, doch Pahl, „an diesem Tage ohnehin der beste Frankfurter“, wehrte „den letzten Elfmeter von Dimopoulos zum Entsetzen der Griechen mit einer tollen Parade ab.“ (Zitate aus: kicker-sportmagazin vom 1. Oktober 1981).

Als Olympiakos zwischen 1997 und 2022 von 26 möglichen Titeln 22 holte, gelang es nur Panathinaikos (2004 und 2010), AEK (2018) und PAOK (2019) in die Dominanz des Klubs aus Piräus einzubrechen. Und plötzlich hatte man sogar Pokal-Glück. 2017, 2018, 2019 und 2021 wanderte der „Kypello Elladas“ nach Thessaloniki.

Weitere Reisen nach Griechenland

Das erste Spiel der Eintracht gegen eine griechische Mannschaft fand 1962 zum Start der Weltreise in Athen gegen Panathinaikos statt (0:0). Inzwischen stehen 22 Begegnungen zu Buche (12 Siege, 3 Unentschieden, 7 Niederlagen). Am häufigsten wurde gegen PAOK gespielt: Von den sechs Spielen konnte die Eintracht vier gewinnen, zwei wurden verloren, zuletzt am 26. Juli 2000 im Trainingslager in Österreich mit 1:5. Im Pflichtspielbetrieb gegen Mannschaften aus Griechenland sieht es positiv aus: Nach dem Weiterkommen 1981 gegen PAOK gab es 1995 ein 5:1 im UI-Cup gegen Iraklis Saloniki und auf dem Weg zum Europa-League-Triumph 2021/22 zwei Siege gegen Olympiakos Piräus (3:1, 2:1). Für PAOK ist es das siebte Aufeinandertreffen mit einer deutschen Mannschaft.

Vier Spieler trugen das Trikot beider Klubs: Matheus Coradini Vivian (2002/03 Eintracht, 2012 PAOK), Gordon Schildenfeld (2011/12 Eintracht, 2013 PAOK), Georgios Tzavellas (2010 bis 2012 Eintracht, 2013 bis 2017 PAOK) und Carlos Zambrano (2012 bis 2016 Eintracht, 2017/18 PAOK). Auch in der Trainerhistorie von PAOK tauchen einige ehemalige Eintrachtler auf: Ivica Horvat (1970), Gyula Lorant (1974 bis 1976 und 1980/81) sowie Pal Csernai (1983/84). Und im Europapokal 1981 saß mit Heinz Höher ein Deutscher auf der PAOK-Bank.

Griechische Spieler bei der Eintracht gab es sechs: Ioannis Amanitidis (2004 und 2005 bis 2011), Sotirios Kyrgiakos (2006 bis 2008), Evangelos Mantzios (2007/08), Nikos Liberopoulos (2008 bis 2010), Theofanis Gekas (2010 bis 2012) und Georgios Tzavellas (2010 bis 2012).