12.06.2023
Museum

Historie: Das erste Tor der deutschen Länderspielgeschichte

Heute bestreitet unsere DFB-Elf ihr 1.000 Länderspiel, Kevin Trapp ist beim Jubiläum live dabei. Auch beim allerersten Spiel war ein Eintrachtler dabei - und der schoss sogar das erste deutsche Tor!

Die deutsche Elf vor dem ersten Länderspiel der Geschichte gegen die Schweiz.
Fritz Becker, erster Nationalspieler der Eintracht.

1908 hieß unsere Eintracht ja noch gar nicht Eintracht, die Vorgängervereine Victoria und Kickers kämpften in der Südmaingau-Meisterschaft oder der Nordkreis-Endrunde gegeneinander. Der Oberprimaner Fritz Becker, der einst bei Germania 94 gekickt hatte, spielte mittlerweile für die Frankfurter Kickers. Und er sorgte für Aufsehen. Am 5. Mai 1907 hatte er beim 2:6 der Frankfurter Stadtauswahl gegen den englischen Meister Newcastle United beide Frankfurter Treffer erzielt, die Leistung der Frankfurter Mannschaft gegen den großen Favoriten war überall gelobt worden. Auch der junge Fritz Becker war den Spähern der frühen Fußballzeit ins Auge gefallen. Er wurde zu Testspielen zur Bildung einer DFB-Auswahl eingeladen und konnte auch da überzeugen.

So kam es, dass Fritz Becker auch zum ersten offiziellen Länderspiel eingeladen wurde. Und so reiste er im April 1908 nach Basel. In einem Interview erinnerte er sich einst: „Ich glaube, dass ich zu der Zeit wohl Frankfurts bester Fußballer war. In der Schule wurde die Kickerei natürlich nicht gern gesehen, ja es war sogar verboten. Und drei Stunden Karzer hatte ich schon weg wegen verbotenem Fußballspiel. In unserem Vereinslokal war ich natürlich Mittelpunkt. Für 12 Mark musste ich mir von einem Verleiher noch einen Smoking besorgen, denn den sollte ich unbedingt mitbringen. Aber von anderen wichtigen Dingen war nicht die Rede. Wir mussten zum Kleiderappell antreten. Wichtig war, wie wir uns beim Bankett verhalten sollten, vom Spiel selbst, Taktik usw. wurde nicht gesprochen.“

Wichtig war, wie wir uns beim Bankett verhalten sollten, vom Spiel selbst, Taktik usw. wurde nicht gesprochen.

Fritz Becker

Auch wenn über Taktik nicht gesprochen wurde, startete Deutschland am 5. April doch erfolgreich in die Partie, die im Landhof-Stadion in Basel vor 3.500 Zuschauern angepfiffen wurde. Und Fritz Becker, unser Eintrachtler (na gut, damals noch Frankfurter Kickers), erzielte die deutsche Führung und damit das erste hochoffizielle deutsche Länderspieltor. Danach drehte die Schweiz auf, ging mit 3:1 in Führung, bis Fritz Förderer auf 3:2 verkürzen konnte. Dr. Siegfried Pfeiffer machte das 4:2, ehe unser Fritz Becker seinem historischen Treffer noch ein zweites Tor folgen ließ. Hans Kämpfer sorgte für den Endstand von 5:3.

Fritz Becker erhielt vom DFB eine Medaille für die Teilnahme am ersten deutschen Länderspiel im Jahr 1908.

Das abendliche Bankett sollte dem ersten Torschützen der deutschen Länderspielgeschichte noch lange in Erinnerung bleiben. Denn der Schweizer Torhüter Dr. Dreyfuß zeigte an der feierlichen Tafel noch mal seine schönsten Paraden und kippte bei einer solchen ein Tablett mit Worcester-Sauce über den teuer geliehenen Smoking von Becker. Für Reinigung und Reparatur musste Becker in Frankfurt insgesamt 48 Mark zahlen, der DFB hielt sich bei der Regulierung des Schadens dezent zurück. Letztlich war das aber eine schöne Geschichte, die Becker immer gerne erzählte.

Zwar absolvierte er kein weiteres Länderspiel und hat damit eine gewaltige Länderspielbilanz (ein Spiel, zwei Tore), aber bei den Kickers, später dem Frankfurter Fußballverein und dann auch noch bei der Eintracht war Fritz Becker weiter am Ball. Er gewann drei Nordkreis-Meisterschaften, zwei Nordmainmeisterschaften, wurde von der Eintracht zum Ehrenspielführer ernannt und war lange Zeit im Spielausschuss aktiv. Bei der Stadt Frankfurt arbeitete Fritz Becker als Amtsrat.

Fritz Becker kümmerte sich auch mit viel Hingabe um den Nachwuchs der Eintracht. Bei Weihnachtsfeiern der Eintracht-Jugend in den 1950er Jahren war ein fester Programmpunkt, wenn er den Kindern aus den Anfangstagen des Fußballs in Frankfurt erzählte, klebten sie ihm an den Lippen.  Als Fritz Becker am 19. Februar 1963 starb, stand in den Vereinsnachrichten:

Fritz Becker war und bleibt ein Stück Eintracht-Geschichte, ein Stück Pionierzeit des deutschen Fußballsports, ein Idol, nicht nur für unsere Jugend, sondern ein Fußball-Veteran, auf den alle Frankfurter Anhänger des runden Leders stolz sind, auch die, die nicht zur Eintracht-Familie zählen.

Vereinsnachrichten Eintracht Frankfurt, 1963.

So sieht es bis heute aus, wir sind mächtig stolz auf Fritz Becker, der das erste Tor einer deutschen Nationalmannschaft geschossen hat. Auch wenn er damals beim Vorgängerverein mit der unglücklichen Namenswahl kickte…