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08.12.2022
Museum

Historie: 115 Jahre Atalanta Bergamo

Am Freitag, 09.Dezember, spielt unsere Eintracht bei Atalanta Bergamo. Die freundschaftliche Begegnung nehmen wir zum Anlass, auf die Historie des Vereins zu blicken.

Spielszene aus dem Spiel gegen den FC Modena im Jahr 1928.

Das erste Spiel gegen eine italienische Mannschaft bestritt die Eintracht am 17. Mai 1928 gegen den FC Modena. Leider fanden an diesem „total verregneten Himmelfahrtstag“ nur 4000 Zuschauer den Weg ins Stadion und wurden Zeuge eines deutlichen 4:0, das nach Toren von Kissinger (8.), Ehmer (10., 17.) und Dietrich schon nach 20 Minuten feststand. Inzwischen weist die Statistik 47 Spiele gegen italienische Mannschaften auf, von den 20 gewonnen wurden, 13 unentschieden endeten und 14 verloren gingen. Je einmal trat die Eintracht in einer Kombination mit dem FSV (1934 beim 3:3 gegen die AS Rom) bzw. den Offenbacher Kickers (1973 beim 5:2 gegen den AC Mailand) an.

Sogar in Amerika spielte die Eintracht gegen italienische Klubs, so 1965 in New York gegen den AC Florenz (0:1) und 1970 während der WM in Mexiko dreimal gegen den AS Bari (0:0 in Montreal, 1:1 in Chicago, 0:1 in Philadelphia) und zweimal gegen den AC Mailand (5:2 in Chicago, 1:0 in New York). 27 der 47 Spiele waren Freundschaftsspiele, die übrigen 20 verteilen sich auf die Intertoto-Runde (2), den Alpenpokal (7), den Messepokal (2), den UEFA-Pokal (5) und die Europa League (4). Den letzten Vergleich gewann die Eintracht am 15. Juli 2022 während des Trainingslagers im österreichischen Bad Wimsbach  gegen den FC Turin mit 3:1.

Die Eintracht und Atalanta Bergamo

Zu den 23 italienischen Gegnern gehört auch Atalanta Bergamo. Am 6. August 2016 gewann die Eintracht das Spiel um die „Trofeo Achille e Cesare Bortolotti“ (benannt nach zwei ehem. Präsidenten Atalantas) im Elfmeterschießen mit 4:3, nachdem es nach 90 Minuten 2:2 gestanden hatte. Doppeltorschütze war Alex Meier. Unter den 9.834 Zuschauern waren auch rund 1.000 Eintracht-Fans, die mit ihren Freunden aus Bergamo für eine fantastische Stimmung bei diesem, im wahrsten Sinne des Wortes, Freundschaftsspiel sorgten. Damals konnte noch keiner ahnen, wohin die Reise beider Klubs gehen sollte.

Während die Eintracht 2018 Pokalsieger wurde und 2022 die Europa League gewann, erreichte Atalanta 2017 als Vierter die bis dahin beste Platzierung der Vereinsgeschichte (zuvor 1948 Fünfter), die von 2019 bis 2021 mit drei 3. Plätzen sogar noch getoppt wurde. Damit nahmen die Bergamasci von 2017 bis 2022 fünf Jahre in Folge am Europapokal teil: 2017/18 (Sechszehntelfinale) und 2018/19 (Play-offs) an der Europa League, 2019/20 (Viertelfinale) und 2020/21 (Achtelfinale) an der Champions League sowie 2021/22 an der Champions League (Gruppendritter) und Europa League (Viertelfinale). Das beste internationale Resultat war 1988 das Erreichen des Halbfinales im Europapokal der Pokalsieger, wo man allerdings gegen den späteren Sieger KV Mechelen den Kürzeren zog. Den einzigen nationalen Titel holte Atalanta 1963, als die Schwarz-Blauen durch ein 3:1 gegen den AC (heute FC) Turin italienischer Pokalsieger wurde.

Die Historie der Bergamasci

Lange Zeit war Atalanta eine Fahrstuhlmannschaft. Nachdem 1929 die Qualifikation für die neue Serie A verpasst worden war, standen zwölf Aufstiegen (zuletzt 2011) elf Abstiege gegenüber (zuletzt 2010). 1981/82 war man für eine Saison sogar nur drittklassig. 68 Spielzeiten war der Klub erstklassig, 62 davon in der Serie A, drei in der Prima Categoria (1919/20 bis 1921/22) und je eine in der Divisione Nazionale (1928/29), der Divisione Alta Italia (1943/44) und der Serie A Alta Italia (1945/46). Dem stehen 34 Spielzeiten in der Zweitklassigkeit gegenüber, von 1922/23 bis 1925/26 in der II Divisione, 1926/27 und 1927/28 in der I Divisione und seit 1929 insgesamt 28 in der Serie B.

Die Ursprünge des Fußballs in Bergamo gehen bis ins Jahr 1903 zurück, als junge Leute in der Nähe des Bahnhofs Fußball spielten. Mit Unterstützung des Schweizer Industriellen Matteo Lengler wurde am 15. Oktober 1904 der Foot-Ball Club Bergamo gegründet, der 1909 auch dem italienischen Fußballverband FIGC beitrat, sich 1911 jedoch nach dem Wegzug vieler Spieler aus der Schweiz auflöste.

Am 17. Oktober 1907 gründeten Schüler des „Liceo Classico Paolo Sarpi“ die „Società Bergamasca di Ginnastica e Sports Atletici Atalanta“, die sich aber 1908 zunächst der „Federazione Ginnastica Italiana“ und erst 1913 dem Fußballverband FIGC anschloss. Bis dahin trug der Klub nur Freundschaftsspiele aus. 1914/15 nahm man erstmals an den Verbandsspielen der zweithöchsten Spielklasse teil. Kriegsbedingt gab es anschließend bis 1919 aber nur einen eingeschränkten Spielbetrieb. Bei der Neuordnung des Spielbetriebes wurde der Provinz Bergamo allerdings nur ein Startplatz in der neuen „Prima Categoria“ zugewiesen, den Atalanta und der bereits 1877 gegründete Turn- und Fechtverein „Società Bergamasca di Ginnastica e Scherma“, der seit 1913 über eine Fußballabteilung verfügte, am 5. Oktober 1919 in Brescia ermittelten. Atalanta siegte mit 2:0. An Ostern 1920 fusionierte Atalanta, das sich inzwischen „Società Bergamasca di Educazione Fisica Atalanta“ nannte, mit dem Lokalrivalen Bergamasca zu „Atalanta e Bergamasca di Ginnastica e Scherma“. Schwarz-Blau wurde neue Vereinsfarbe. Zuvor hatte Atalanta in schwarz-weiß, Bergamasca in blau-weiß gespielt.

1921 kam es zum Bruch im italienischen Fußball, da die „großen“ Vereine aus Mailand, Turin, Genua und Bologna eine Verringerung der Zahl der Erstligisten forderten, was auf den erbitterten Widerstand der „Kleinen“ stieß, die fürchteten, abgehängt zu werden. Während die „Großen“ den Konkurrenzverband „Confederazione Calcistica Italiana“ gründeten, blieb Atalanta beim FIFA-Mitglied FIGC. Ein 3. Platz in der Gruppe B Lombardia reichte aber nicht, um nach der Wiedervereinigung der beiden Verbände 1922 erstklassig zu blieben, Sechs Jahre verbrachte Atalanta in der Zweitklassigkeit, bis 1928 die Rückkehr in die Beletage des italienischen Fußballs gelang. Doch erneut sollte Atlanta durch den Rost einer Spielklassenreform fallen, da sich 1929 nur die ersten neun Klubs der beiden Gruppen der Divisione Nazionale für die neue Serie A qualifizierten. Als Drittletzter konnte man sogar gerade noch den Absturz in die Drittklassigkeit vermeiden.

Spielstätten

Während es auf dem Spielfeld zur bereits oben erwähnten Achterbahnfahrt zwischen Serie A und B kam, ging der Klub bei der Wahl seiner Spielstätten weitaus ruhiger zu. Nachdem ein 1914 bezogenes Spielfeld in der Nähe des Bahnhofs während des Krieges aus finanziellen Gründen hatte verkauft werden müssen, erwarb man 1919 das „Campo della Clementina“, das zum „Stadium Atalanta“ ausgebaut wurde. Dieses hatte sogar eine hochtrabend „Motovelodromo“ getaufte Radrennbahn, der aber nach Auflösung der Atalanta-Radsportabteilung nur ein kurzes Dasein vergönnt war. Denn im Zuge der Leistungskonzentration im italienischen Fußball seit der Machtübernahme Benito Mussolinis 1922 gab es auch in Bergamo Pläne zur Errichtung eines neuen Stadions. Errichtet wurde dieses auf der alten Pferderennbahn von Borgo San Caterina. Obwohl „Atalanta Bergamasca Calcio“ schon am 1. November 1928 das erste Spiel im neuen, nach dem faschistischen Veteranen Mario Brumana benannten Stadion bestritt (4:1 gegen Triestina), wurde es offiziell erst am 23. Dezember 1928 im Beisein der lokalen Prominenz aus Partei und Politik unter den 14.000 Zuschauern beim 2:0 gegen AC La Dominante aus Genua offiziell eingeweiht.

Nach dem 2. Weltkrieg in „Stadio Comunale“ umbenannt, wurde das Fassungsvermögen ab 1949 in mehreren Schritten auf über 40.000 erweitert. Rekordbesuch waren 43.426 Zuschauer beim Gastspiel von Inter Mailand im September 1984. Von 1994 bis 2017 trug das Stadion den Namen „Stadio Atleti Azzurri d’Italia“. 2017 erwarb Atalanta das Stadion für 8,6 Millionen Euro von der Stadt und begann mit der Sanierung und Modernisierung der in die Jahre gekommenen Arena, die seit 2019 den Namen der Gewiss-Gruppe, einem international tätigen Unternehmen der elektrotechnischen Industrie, trägt („Gewiss Stadium“). Durch die Baumaßnahmen konnte der Klub die Europapokalspiele während seiner erfolgreichsten Zeit nicht in Bergamo austragen, sondern musste nach Reggio Emilia und Mailand ausweichen. Aus dieser Zeit datiert auch die beste Zuschauerzahl: Im Februar 2020 kamen 44.236 zum 4:1 gegen den FC Valencia im Mailänder „Stadio Giuseppe Meazza“. Danach erlangte Bergamo traurige Berühmtheit als eine der am stärksten betroffenen Städte während der COVID-19-Pandemie.

Sowohl für Atalanta als auch die Eintracht gespielt hat nur der Niederländer Sam Lammers. Nach 19 Pflichtspielen (2 Tore) zwischen September 2020 und August 2021 wurde er an die Eintracht ausgeliehen, mit der er 2022 die Europa League gewann und in 22 Pflichtspielen ebenfalls zwei Tore erzielte. In der laufenden Saison ist er an den FC Empoli in der Serie A ausgeliehen.