01.07.2024
Museum

EM-Fachwissen: Slowenien

In den kommenden Tagen bietet das Museum Fachwissen zu allen Nationen, die im Rahmen der EM in Frankfurt spielen. Ulrich Matheja blickt auf die jeweilige Fußballgeschichte und zieht Verbindungen zu unserer SGE.

In den kommenden Tagen bietet das Museum Fachwissen zu allen Nationen, die im Rahmen der EM in Frankfurt spielen.

Diesmal schauen wir auf Slowenien, die am Montag, 01.07., eines der Achtelfinalspiele in Frankfurt gegen Portugal austragen werden.

Die ersten Fußballclubs

Vier der fünf historischen Landschaften Sloweniens gehörten bis zum Ende des 1. Weltkriegs zum österreichischen Teil der K.-u.-k.-Doppelmonarchie: das Küstenland sowie Teile der Kronländer Krain (Hauptstadt Laibach/Ljubljana), Kärnten und Steiermark (Marburg/Maribor, Cilli/Celje). Das Prekmurje (Übermurgebiet) wurde 1920 von Ungarn an das neue Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (seit 1929 Jugoslawien) abgetreten.

Erste Fußballklubs waren der 1900 gegründete Laibacher SV, der allerdings seine Aktivitäten schon 1909 wieder einstellte, der Lendvai FE (1903) aus dem Prekmurje und der Deutsche Athletik-Sportclub Eiche Cilli (1906). In Maribor entstanden 1909 der MSV und 1913 der Deutsche Sportklub, in Laibach 1910 der Studentenklub SK Hermes und 1911 der SK Ilirija, bis heute der älteste noch existierende Verein des Landes.

Im „Illustrierten Österreichischen Sportblatt“ finden sich zwar regelmäßig Spielberichte dieser Klubs, ein Wettbewerb untereinander fand jedoch nicht statt. Daran änderte sich auch nichts nach der 1911 in Graz erfolgten Gründung des „Deutsch-Alpenländischen Fußball-Verbandes“ (DAFV) als Unterverband des Österreichischen Fußball-Verbandes (ÖFV). Er zählte 1913 lediglich 14 Mitglieder: zehn aus der Steiermark, zwei aus Oberösterreich und je einen aus Kärnten und Tirol. Zu den steirischen Vereinen gehörten auch der Marburger (Maribor) SV und der DASC Eiche Cilli.

Außerdem verprellte der DAFV durch Beharren auf Deutsch als Verbandssprache die slowenischen Klubs. So konnte der im Herbst 1913 dem ÖFV beigetretene SK Ilirija „von den in ihrer Nähe stehenden deutschen Klubs kein Wettspiel bekommen.“ („Illustriertes Sportblatt“ vom 23. April 1914). Bereits 1913 hatte Ilirija zweimal gegen den kroatischen HASK aus Zagreb gespielt und konnte nach einem 1:9 das Rückspiel in Laibach vor 2000 Zuschauern mit 3:1 gewinnen.

Ein weiteres Problem war das Leistungsgefälle im DAFV. Als Cilli 1911 am Pokal der Grazer Herbstmesse teilnahm, überfuhr man zwar den Marburger (Maribor) SV mit 10:0, unterlag jedoch im Endspiel dem GAK mit 0:5. 1913 organisierte der DAFV erstmals „Meisterschaftswettspiele der zweitklassigen Grazer Vereine“, die er bei erfolgreichem Verlauf im Folgejahr auf die gesamte Steiermark ausdehnen wollte. Der Ausbruch des 1. Weltkrieges durchkreuzte jedoch diese Pläne.

Nach dem 1. Weltkrieg

Nach dem Krieg wurde Slowenien bis auf das Küstenland, das 1919 Italien zugesprochen wurde, Teil des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen (seit 1929 Jugoslawien). Der Fußball wurde jetzt vom jugoslawischen Unterverband in Ljubljana organisiert. So spielten 1920 erstmals die deutschen und slowenischen Klubs in der Meisterschaft gegeneinander: SK Ilirija Ljubljana, SV Rapid Marburg, SK Slovan Ljubljana, SK Hertha Marburg, Cillier SV, SK Rote Elf Marburg und der 1. SSK Maribor.

Dominierendes Team war anfänglich der SK Ilirija, der sich fünfmal für die jugoslawische Meisterschaft qualifizierte und 1920 bei den Olympischen Spielen in Antwerpen mit Stanko Tavcar beim ersten Länderspiel Jugoslawiens vertreten war. 1936 fusionierte Ilirija mit dem 1920 gegründeten ASK Primorje zum SK Ljubljana, der bis 1939 weitere viermal an der jugoslawischen Meisterschaft teilnahm und 1939/40 als einziger slowenischer Teilnehmer Letzter der gemeinsamen kroatisch-slowenischen Liga wurde.

Nach dem Einmarsch der Achsenmächte im April 1941 wurde Slowenien zwischen Italien, Deutschland und Ungarn aufgeteilt. Gleichzeitig begann die Deportation von Teilen der einheimischen Bevölkerung, wogegen sich bald erbitterter Widerstand formierte. 1945 wurde Slowenien Gliedstaat des neuen kommunistischen Jugoslawien unter Josip Broz „Tito“ und bekam 1954 auch Teile des Küstenlandes mit der Hafenstadt Koper zugesprochen.

Bis zum Zerfall Jugoslawiens ab 1990 spielten drei slowenische Klubs in der obersten Liga: 1946/47 der 1903 gegründete NK Nafta Lendava (aufgelöst 2012). Es folgten der 1945 entstandene NK Olimpija Ljubljana (20 Saisons zwischen 1965/66 und 1988/89) und der 1960 gegründete NK Maribor (vier Spielzeiten zwischen 1965/66 und 1971/72). Einem Titel am nächsten kam 1970 der NK Olimpija, der im Pokal-Endspiel gegen Roter Stern Belgrad den Kürzeren zog. Zu den bekanntesten Slowenen in der jugoslawischen Nationalmannschaft gehörten die späteren Bundesligaspieler Branko Oblak (1975–80 FC Schalke 04, Bayern München), Danilo Popivoda (1975–81 Eintracht Braunschweig) und Srecko Katanec (1988/89 VfB Stuttgart).

Unabhängigkeit und eigenständiger Nationalstaat

1991 erklärte Slowenien als erste Teilrepublik seine Unabhängigkeit von Jugoslawien. Die slowenische Liga nahm 1991/92 ihren Spielbetrieb auf und wurde zunächst weiterhin vom NK Olimpija dominiert. Nach dessen Konkurs 2005 entstand der NK Bezigrad, der 2007 den Namen Olimpija annahm und in seinem Vereinsnamen auch die Jahreszahl „1911“ führt, wofür er nicht nur vom heutigen ND Ilirija heftig kritisiert wird. Rekordmeister des unabhängigen Slowenien ist mit 16 Titeln aber der NK Maribor, der 1988 den Traditionsnamen Branik des von 1919 bis 1960 bestehenden NK Branik Maribor annahm und bereits dreimal die Gruppenphase der Champions League erreichte. Sein erstes Länderspiel bestritt Slowenien als eigenständiger Staat am 3. Juni 1992 in Estland (1:1). 2024 nimmt man zum zweiten Mal nach 2000 an der EM teil. Außerdem war Slowenien bei der WM 2002 und 2010 dabei (jeweils Aus in der Gruppenphase).

Die Eintracht und Slowenien

Die Kontakte der Eintracht zu Slowenien sind an den Fingern einer Hand abzuzählen. Im UEFA-Pokal war 1994/95 Olimpija Ljubljana Erstrundengegner. Das Hinspiel (1:1, Torschütze: Legat; Rückspiel 2:0, Torschützen: Dickhaut, Yeboah) wurde im 1925 errichteten Bezigrad-Stadion mit seiner ungewöhnlichen Tribüne ausgetragen. Das Stadion wurde 2008 geschlossen und rottet seitdem langsam vor sich hin. Mit Lara Prašnikar steht zudem die slowenische Fußballerin des Jahres 2023 im Kader des Frauen-Bundesliga-Teams von Eintracht Frankfurt.

Im UEFA-Pokal der Saison 1994/95 spielte die Eintracht in der 1. Runde gegen NK Olimpija Ljubljana. Nach einem 1:1 im Auswärtsspiel gewann Frankfurt das Heimspiel mit 2:0.