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12.06.2024
Museum

EM-Fachwissen: Belgien

In den kommenden Tagen bietet das Museum Fachwissen zu allen Nationen, die im Rahmen der EM in Frankfurt spielen. Ulrich Matheja blickt auf die jeweilige Fußballgeschichte und zieht Verbindungen zu unserer SGE.

In den kommenden Tagen bietet das Museum Fachwissen zu allen Nationen, die im Rahmen der EM in Frankfurt spielen.

Den Anfang machen wir mit Belgien, die am Montag, 17.06., das erste EM-Spiel in Frankfurt gegen die Slowakei austragen werden.

Der Königlich Belgische Fußball-Verband wurde am 1. September 1895 als Union Belge des Sociétés de Sports Athlétiques gegründet, die neben Fußball auch für Radsport und Leichtathletik zuständig war. 1912 spaltete sich Fußballsektion als eigenständiger Verband ab und trägt seit 1920 das Prädikat „Königlich“. Seit 2019 ist nur noch die englische Version Royal Belgian Football Association in Gebrauch.

Der älteste Verein des Landes ist der Royal Antwerp FC (1880), der auch die „Stamnummer“ 1 trägt. Diese wurden 1926 auf Grundlage der Registrierung der Vereine beim Verband eingeführt und spielen heute bei der Traditionspflege eine wichtige Rolle. So trägt der Club Brügge (1891) die „3“, Eintracht Frankfurts letzter Europapokalgegner Royale Union Saint-Gilloise (1897) die „10“ und Rekordmeister RSC Anderlecht (1908) nur die „35“. Bereits 1895/96 wurde die erste Landesmeisterschaft ausgespielt, die sich der FC Lüttich holte. Hinter Rekordmeister RSC Anderlecht (34 Titel) steht der Club Brügge mit 18 Erfolgen.

Die belgische Nationalmannschaft

Das erste offizielle Länderspiel bestritt Belgien am 1. Mai 1904 in Brüssel gegen Frankreich (3:3), obwohl bei den Olympischen Spielen 1900 in Paris bereits eine belgische Studentenauswahl dabei war und in einem Demonstrationswettbewerb ohne Medaillenvergabe mit 2:6 gegen den Club Francais aus Paris unterlag. Allerdings ordnete das IOC den Belgiern nachträglich den 3. Platz zu, obwohl im Team auch ein Niederländer und ein Engländer standen. 1920 wurde Belgien in Antwerpen zum Olympiasieger erklärt, da die Tschechoslowakei im Endspiel beim Stand von 0:2 aus Verärgerung über die Entscheidungen des englischen Schiedsrichters den Platz verließ und disqualifiziert wurde.

Häufigster Länderspielpartner sind die Niederlande. Seit dem ersten Spiel 1905 in Antwerpen (1:4) fand das sog. „Derby der Lage Landen“ bereits 129-mal statt (57:41 Siege für die Niederlande bei 31 Unentschieden). Das erste von inzwischen 26 Länderspielen gegen Deutschland fand 1910 in Duisburg statt (3:0), das letzte 2023 in Köln (3:2). Es war erst der fünfte belgische Sieg gegen die DFB-Auswahl – und der erste seit 1954.

1930 war Belgien eines von nur vier europäischen Ländern, das ein Team zur ersten WM nach Uruguay schickte, wo es in der Gruppenphase Niederlagen gegen die USA und Paraguay gab. Auch 1934 und 1954 schieden die „Roten Teufel“ bereits in der Vorrunde aus. Danach dauerte es 16 Jahre bis zur nächsten WM-Teilnahme. Zwar gelang 1970 in Mexiko der erste WM-Sieg, doch erneut war in der Vorrunde Endstation.

In den 1970er und 1980er Jahren setzte der belgische Fußball dann zu einem Höhenflug an. 1972 wurde Belgien im eigenen Land EM-Dritter (2:1 gegen Ungarn), nachdem es im Halbfinale ein 1:2 gegen den späteren Europameister Deutschland gegeben hatte. Im Klubfußball gewann der RSC Anderlecht 1976 und 1978 den Europapokal der Pokalsieger und erreichte 1977 (0:2 gegen den Hamburger SV) und 1990 erneut das Endspiel. Außerdem holte er 1976 den Supercup gegen Bayern München und 1983 den UEFA-Pokal. Letzte belgische Erfolge im Europapokal gab es 1988, als der KV Mechelen den Europapokal der Pokalsieger und den Supercup gewann.

1980 verlor Belgien das EM-Endspiel in Rom mit 1:2 gegen Deutschland. Bei der WM 1982 gelang im Eröffnungsspiel ein 1:0 gegen Titelverteidiger Argentinien und 1986 wurde erstmals der Einzug ins Halbfinale geschafft. Nach einem 0:2 gegen Argentinien und 2:4 n. V. gegen Frankreich wurde am Ende Platz 4 erreicht. Danach folgte eine Durststrecke, 2006 und 2010 war Belgien sogar nur WM-Zuschauer. 2018 wurde mit dem 3. Platz (2:0 gegen England) die beste WM-Platzierung erreicht.

Weniger erfolgreich war Belgien ab 1980 bei EM-Turnieren, sechsmal scheiterte man bereits in der Qualifikation. 2000 wurde als Co-Gastgeber mit den Niederlanden der Einzug in die K.-o.-Runde verpasst und 2016 und 2021 war jeweils im Viertelfinale gegen Wales (1:3) und Italien (1:2) Schluss.

Das EM-Spiel am 17. Juni gegen die Slowakei ist erst der zweite Auftritt der belgischen Nationalmannschaft im Frankfurter Waldstadion seit dem 8. März 1961, als Gert Dörfel vom HSV das goldene Tor für Deutschland erzielte. Bereits zu Pfingsten 1907 war auf Vereinsebene der sechsmalige Meister Racing Club Brüssel (längsgestreifte Trikots) Gast in Frankfurt und gewann gegen den FFC Britannia (heute FFV Sportfreunde 04) bei dessen Sportplatzeinweihung mit 3:0 und einen Tag später gegen eine Kombination FFC Victoria/Germania 94 mit 3:1.

Die Eintracht und Belgien

Das Programm zum Spiel gegen Lüttich 1959.

50 Jahre später trug die Eintracht ihr erstes von inzwischen 24 Spielen gegen belgische Mannschaften aus. Am 14. November 1957 traf Istvan Sztani bei seinem Eintracht-Debüt beim RFC Lüttich (1:1). Nach der Deutschen Meisterschaft 1959 wechselte der gebürtige Ungar zum Lokalrivalen Standard Lüttich. 1980 unterlag die Eintracht in einem Testspiel in Brüssel der belgischen Nationalmannschaft mit 2:4. Auch im Europapokal sieht die Eintracht-Bilanz eher durchwachsen aus. In zehn Spielen gelangen nur zwei Siege! Und in K.-o.-Spielen zog die Eintracht immer den Kürzeren!

SaisonWettbewerbStufeGegnerErgebnisse
1988/89Europapokal der PokalsiegerViertelfinaleKV Mechelen0:0 (H), 0:1 (A)
1991/92UEFA-Pokal2. RundeKAA Gent0:0 (A), 0:1 (H)
2019/20Europa LeagueGruppenphaseStandard Lüttich2:1 (H), 1:2 (A)
2021/22Europa LeagueGruppenphaseRoyal Antwerp FC 1:0 (A), 2:2 (H)
2023/24Conference LeaguePlayoff-RundeRoyale Union St. Gilloise2:2 (A), 1:2 (H)

Ganz große Flaute herrscht auf Spielerebene, denn bis heute hat noch kein Belgier bei der Eintracht gespielt! Im Kader der Saison 2023/24 stehen aber mit Aurelio Buta und Willian Pacho zwei Spieler, die vom Royal Antwerp FC ins Herzen von Europa gewechselt sind. Und Niels Nkounkou, der 2021/22 bei Standard Lüttich aktiv war.