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01.09.2018
Traditionsmannschaft

„Das war purer Krieg“

Die Spannung steigt, das Comeback der Eintracht auf internationalem Parkett rückt immer näher. Im zweiten Teil unserer kleinen Tradi-Serie blicken wir auf weitere denkwürdige Europapokal-Abende der SGE-Historie zurück. Diesmal mit Rudi Bommer. Der 61-Jährige hat in seiner Laufbahn 44 Spiele im UEFA-Cup und Europapokal der Pokalsieger absolviert, 14 davon mit dem Adler auf der Brust.

Von Rudi Bommer

Europapokalspiele sind immer etwas Besonderes. Ich hatte das Glück, während meiner Karriere mit gleich drei Vereinen international spielen zu dürfen: Fortuna Düsseldorf, Bayer Uerdingen und natürlich mit der Eintracht. Und doch waren die Spiele mit der SGE ein spezielles Karrierehighlight. Denn eigentlich hatte ich damals meine Schuhe längst an den Nagel gehängt. Ich war weg vom Profifußball, wurde reaktiviert und spielte dann, für Fußballer im hohen Alter weit jenseits der 30, nochmals gegen so große Klubs wie Galatasaray oder Juventus. Das war schon ein anderes Feeling als in jungen Jahren, als ich auch gegen Topgegner wie Barça oder Atlético Madrid gespielt habe. Im zweiten Frühling konnte ich das alles wesentlich bewusster aufnehmen und genießen.

Ein Spiel, das mir besonders in Erinnerung geblieben ist, war dabei alles andere als schön. Das Hinspiel des UEFA-Cup-Viertelfinals gegen Casino Salzburg war aus meiner Sicht purer Krieg. Das ging schon vor dem Spiel beim Aufwärmen los, als der Stadionsprecher im Wiener Ernst-Happel-Stadion, wohin Salzburg ausweichen musste, auf ziemlich heftige Weise Stimmung gegen uns machte. Die Atmosphäre im ausverkauften Hexenkessel war extrem hitzig und die Partie stand dem in nichts nach. Wir hatten in der Bundesliga eine schwere Phase, da war unsererseits auch viel Frust mit im Spiel. Aber spätestens als das Publikum anfing, rassistische Schmährufe gegen Tony Yeboah loszulassen, flogen die Fetzen.

In den Zweikämpfen kannten beide Seiten keine Verwandten mehr. Da wurde auf Kniehöhe eingestiegen. Damals war das noch so. Ich hatte mir einen Ellbogenschlag ins Gesicht eingefangen und hatte eine dicke Oberlippe. Das war schon ein richtiges Brett, das ich da kassiert habe. Früher wurde noch viel härter mit den Ellbogen gearbeitet als heute. Ganz ehrlich: Ich habe vorher und nachher, egal ob in der Bundesliga oder international, nie wieder ein Spiel erlebt, das mit solcher Härte geführt wurde. Und ich stand fast 20 Jahre lang auf dem Platz. Mirko Dickhaut bekam eine Gelb-Rote Karte, ohne Platzverweis kann solch ein Spiel ja nicht enden. Salzburgs Trainer Otto Baric musste auf die Tribüne, nachdem er Kachaber Zchadadse ins Gesicht gespuckt hatte. Noch Fragen?

Fußballerisch war das Spiel gar nicht so bemerkenswert. Wir waren vielleicht ein wenig feldüberlegen, außer einer dicken Chance von Gaudino sprang aber nichts für uns heraus. Der Schiri ließ mehr als 100 Minuten spielen, am Ende verloren wir mit 0:1. Torschütze war übrigens der neue Eintracht-Coach Adi Hütter. Als ich erfuhr, dass er den Job in Frankfurt übernehmen wird, kamen mir sofort die Erinnerungen an dieses Spiel in den Kopf. Ich kann nicht ausschließen, dass sich auch unsere Wege auf dem Platz gekreuzt haben und es gescheppert hat. Das müsste man ihn mal fragen. Wäre jedenfalls spannend zu wissen, wie er dieses Spiel erlebt hat.

Wenn du solch einen Fight verlierst, ärgerst du dich maßlos. Aber wir hatten ja noch das Rückspiel. Da ging es dann wesentlich gesitteter zu. Wir konnten den Rückstand aus Wien recht früh durch ein Tor von Maurizio Gaudino ausgleichen und spielten nach einem Platzverweis der Salzburger lange in Überzahl. Leider ist es uns aber nicht gelungen, daraus Profit zu schlagen und den Sack zuzumachen. Stattdessen ging es in die Verlängerung, und im Elfmeterschießen hatten wir dann das Nachsehen. Ausgerechnet Mauri, der uns mit seinem Tor überhaupt erst dorthin gebracht hatte, verschoss, genau wie Manni Binz. Wir wollten unbedingt ins Halbfinale, aber am Ende mussten wir die Kröte schlucken. So ist Fußball.