Harry Krämer, Du bist vor wenigen Tagen 50 Jahre alt geworden. Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch!
Danke, danke.
Wie sieht Deine Bilanz nach diesem halben Jahrhundert privat und sportlich aus?
Da steht natürlich an erster Stelle der Umstand, Fußball-Profi gewesen zu sein. Das ist der Traum vieler Menschen und nur wenige erreichen ihn. Dass das für mich in Erfüllung gegangen ist, macht mich auch heute noch glücklich und dankbar. Auch wenn ich mit vielen Verletzungen zu kämpfen hatte. Das hat sich natürlich auch privat ausgewirkt. Trotz der ganzen Operationen bin ich aber gesund und das ist doch das wichtigste.
Du kannst auf eine zehnjährige Karriere im Profifußball zurückblicken, spieltest jahrelang für Eintracht Frankfurt in der Jugend und in der Bundesliga. Kannst Du uns von Deinen Anfängen berichten?
Das Ganze ging los in der B-Jugend, insgesamt habe ich vier Jahre lang in der Jugend gespielt und konnte mithelfen zwei Meisterschaften zu erringen. Das war schon eine tolle Erfahrung. Und die vier Jahre als Profi bei der Eintracht waren natürlich eine super Zeit.
Das BL-Debüt gab es am 24.08.1983 gegen Bayer Leverkusen. Erinnerungen?
Als junger Spieler ist man natürlich am Anfang nervös wenn man vor so vielen Zuschauern zum Einsatz kommt. Meine Erinnerungen an das Spiel sind entsprechend verschwommen. Ich weiß, dass ich gegen Ende eingewechselt wurde. Wir lagen mit einem Tor hinten und haben dann noch den Ausgleich erzielt. Insofern war das ein passables Debüt. Im Verlauf der Zeit hat sich dann auch die Nervosität gelegt (lacht).
Charly Körbel: „Bei Harrys Bundesligadebüt ist mir kurz nach seiner Einwechslung ein wichtiges Tor gelungen. Das war bereits ein gutes Omen. Harry ist ein super Typ und wir sind froh ihn in der Traditionsmannschaft zu haben, sowohl spielerisch als auch menschlich. Und da er schon immer wusste wo das Tor steht, ist mein Geburtstagswunsch neben Gesundheit, Glück und Zufriedenheit, dass er noch viele Treffer für uns beisteuert.
Als Stürmer kannst Du eine respektable Bilanz vorweisen. In der Saison 84/85 trafst Du nach Belieben. In siebzehn Einsätzen ganze zehn Mal. Wieso hast Du nicht häufiger gespielt?
Meine ganze Karriere war geprägt von Verletzungen. Zehn Jahre lang war ich Profi, davon über fünf Jahre lang verletzt. Sechs Mal wurde ich am Knie operiert, drei Mal an der Schulter, der Knöchel und die Hand waren auch dabei. Wann immer ich einigermaßen ins Rollen kam, wurde ich durch Blessuren zurückgeworfen. In Graz war das genauso: Nach einem tollen ersten Jahr kamen die Verletzungen. Nicht zuletzt musste ich aus diesen Gründen auch meine Laufbahn frühzeitig als Sportinvalide beenden.
Wie geht man mit solchen Situationen um?
Man gibt natürlich nicht auf, zieht die Reha durch und kämpft sich wieder heran. Wenn die Rückschläge aber immer und immer wieder kommen zermürbt das mental und physisch. Das macht der Körper irgendwann nicht mehr mit. Für mich kam nach elf Verletzungen der Punkt, an dem ich gesagt habe: es geht nicht mehr.
Sprechen wir über die schöneren Dinge des Fußballs. Kannst Du Dich an Dein erstes Tor erinnern?
Das müsste gegen Bielefeld gewesen sein. ich glaube wir haben 3:0 gewonnen. Ich wurde eingewechselt. Mit Wolfgang Kneib hatte die Arminia einen ziemlich großen Torhüter, das weiß ich noch. Ich habe den Ball ins kurze Eck geschossen und war ganz außer mir vor Freude. Ich habe beim Torjubel Purzelbäume geschlagen, damals hat man das noch gemacht. Heute ist das völlig out. Da zieht man das Trikot hoch oder küsst das Wappen (lacht).
Während deiner Zeit bei der Eintracht sticht ein Spiel besonders heraus...
...Mannheim!
Ganz klar. Am 10.11.84. gelang Dir beim 7:2-Heimsieg gegen Waldhof ein Dreierpack. Was war da los?
Wir standen damals ganz schön unter Druck, weil wir hinten reingerutscht waren. Dann kam Waldhof Mannheim mit Schlappner als Trainer und wir haben richtig Gas gegeben. Und mit meinen drei Treffern hatte ich vielleicht auch ein wenig Anteil am Sieg.
Ein bisschen vielleicht...
(lacht) Ja gut, drei Tore in einem Spiel sind schon etwas besonderes, das ist mir auch nicht wieder gelungen in der Bundesliga.
Uwe Müller: „Harry und ich kennen uns ewig. Wir haben in der Jugend- und Profizeit bei Eintracht zusammengespielt, und viele Höhen und Tiefen gemeinsam erlebt. So etwas schweißt zusammen. Langer, ich wünsche dir auch auf diesem Wege nochmal alles erdenklich Gute zum Geburtstag. Bleib wie du bist.“
Wenn man sich Deine guten Spiele in der Bundesliga anschaut, sowohl in Deutschland als auch in Österreich, fragt man sich: war die Nationalmannschaft nie ein Thema?
Für Deutschland habe ich ja ein U-21-Länderspiel bestritten, die A-Nationalmannschaft war aber eigentlich nie ein Thema. Dafür war ich einfach nie lange genug am Stück fit. Auch bei diesem einen Spiel für die U-21 habe ich mir gleich den Meniskus gerissen. Es stand allerdings mal die Option im Raume, die österreichische Staatsbürgerschaft anzunehmen und zur WM 1990 zu fahren. Das war schon reizvoll, aufgrund meiner Dauerverletzungen aber schnell wieder vom Tisch.
Welche weiteren Karrieremomente sind in Erinnerung geblieben?
In Österreich habe ich in meinem ersten Jahr 24 Tore erzielt, da waren einige Highlights dabei. Auch der eine Einsatz für die U-21 ist unvergesslich für mich. Wenn man die Hymne vor dem Spiel hört – das ist etwas Besonderes. Und bei der Eintracht gab es ja noch dieses kuriose Spiel gegen Bremen, als mein Teamkollege Holger Friz und ich uns immer wieder gegenseitig am Torerfolg gehindert haben und von der Presse hämisch als beste Bremer Abwehrspieler bezeichnet wurden. Man kann sich natürlich schönere Schlagzeilen vorstellen (lacht).
Heute spielt die Eintracht gegen den VfB Stuttgart. Gegen die Schwaben sieht Deine Bilanz nicht eben rosig aus...
...das stimmt, gegen den VfB konnte ich in der Bundesliga nie gewinnen. Wir waren ja damals eine sehr junge Truppe, die Eintracht hatte keine großen finanziellen Mittel und wir haben ordentlich Lehrgeld bezahlt. Aber immerhin ist mir mal ein Tor geglückt.
Beide Teams befinden sich zurzeit in einer gefährlichen Tabellensituation. Wie schätzt Du die Lage ein?
Beide werden es packen. Sie haben beide einen guten Kader. Ich bin zu weit weg um zu beurteilen, wie die Tabellensituation zustande gekommen ist, aber ich glaube beide werden die Klasse halten. Wir gewinnen heute mit 3:2.
Cezary Tobollik: „Harry ist ein ganz feiner Kerl mit dem man Pferde stehlen kann. Immer ein Spruch auf der Lippe. Ich wünsche ihm vor allem Gesundheit, Gesundheit, Gesundheit. Und dass er auch ja nicht vergisst, wer ihm die besten Vorlagen gegeben hat...“
Du hast bei der Eintracht auch Erfahrung im Abstiegskampf gesammelt. Worauf kommt es jetzt an?
Laufbereitschaft, Einsatz, Zweikämpfe. Es klingt abgedroschen aber das ist nun mal das Wichtigste jetzt. Wenn man hinten drin steckt, kommt es nicht auf Schönspielerei an. Spielerische Akzente stehen jetzt hinten an. Die Punkte müssen her. Das wird die Eintracht auch schaffen. Ich glaube sogar, dass das noch frühzeitig geklärt sein wird.
Bei den Spielen gegen Bayern und Dortmund wurde Kritik laut, weil Armin Veh auf Schlüsselspieler verzichtet hat. Wie siehst Du das?
Wer will ihm denn da einen Vorwurf machen? Die Spiele gegen die direkten Konkurrenten sind jetzt die wichtigsten. Zambrano und Rode werden in solchen Spielen gebraucht, nicht in jenen, wo gar keine Punkte eingeplant sind. Ich gebe dem Trainer da eindeutig Recht.
Kommen wir zum Thema Traditionsmannschaft. Da bist Du seit einiger Zeit recht regelmäßig dabei. Was sagt der Körper?
Für eine Halbzeit reicht es noch. Danach habe ich drei, vier Tage Schmerzen und kann nur unrund laufen. Aber der Spaß steht doch im Vordergrund und da muss man eben ein paar Schmerzen in Kauf nehmen. Es ist einfach toll mit den alten Weggefährten zusammenzuspielen, die ich teils schon seit der Jugend kenne. Egal wo wir hinkommen, es sind stets viele Zuschauer zugegen und die Stimmung ist immer gut. Daher ist die Vorfreude auf jedes Spiel bei mir auch ziemlich groß.
Gibt es besondere Anekdoten?
Geschichten gibt es viele zu erzählen, gerade wenn man auch mal über Nacht irgendwo bleibt, wo man gespielt hat. Aber ob das unbedingt in die Stadionzeitung muss, weiß ich nicht (lacht). Es ist immer lustig mit den Jungs, wir machen viele Späße. Auch bei kleineren Spielen.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute, Harry Krämer!