Im Jahrbuch des Eintracht Frankfurt Museums (erhältlich für nur 5 Euro im Museum) haben wir darüber berichtet: Es gibt Hinweise, dass bei der Eintracht schon 1921 Frauenfußball gespielt wurde. Da sind wir skeptisch, ob wir Zeitzeuginnen finden. Aber ein zweiter Hinweis stammt aus dem Jahr 1956. Damals belegten die „A-Klasse Frauen“ der SG Eintracht in der Tabelle Platz Eins mit 30:2 Punkten und 61:27 Toren.
Am 1. September 2022 wurde im Eintracht-Museum das Buch „50 Jahre Frauenfußball in Hessen“ vorgestellt, das inhaltlich die Jahre 1970 bis 2020 abdeckt, wegen Corona aber erst in diesem Jahr erscheinen konnte. In diesem Buch fanden wir die sensationellen Neuigkeiten! Natürlich decken die von Helga Altvater und Ellen Berghöfer beschriebenen fünfzig Jahre nicht die gesamte Geschichte des Frauenfußballs ab, die immer wieder von Verboten geprägt war. So hatte der Deutsche Fußballbund am 30. Juli 1955 auf seinem Bundestag einstimmig beschlossen,
- unseren Vereinen nicht zu gestatten, Damenfußball-Abteilungen zu gründen oder bei sich aufzunehmen,
- unseren Vereinen zu verbieten, soweit sie im Besitz eigener Plätze sind, diese für Damenfußballspiele zur Verfügung zu stellen und
- unseren Schieds- und Linienrichtern zu untersagen, Damenfußballspiele zu leiten.
Erst auf dem Bundestag vom 31. Oktober 1970 hob der DFB das Verbot auf. 1974 wurde der erste Deutsche Meister ermittelt, 1981 der erste Pokalsieger und 1982 das erste Länderspiel ausgetragen. Hessische Vereine und Spielerinnen waren von Anfang an dabei. Zunächst war es der Schützenverein „Oberst Schiel“ aus Frankfurt-Niederrad, der Frauenfußball anbot, dann der FSV Frankfurt und die SG Praunheim, später der 1. FFC Frankfurt und heute die Eintracht.
Doch bereits 1930 hatte die Metzgerstochter Lotte Specht in Frankfurt den 1. Deutschen Damenfußballclub gegründet. „Was Männer können, können wir auch“, war ihre Devise. „Wir waren keine Revoluzzerinnen, sondern hatten einfach Spaß am Fußball. Unterstützung gab es von der Journalistin Helli Knoll, später Pressereferentin der Stadt Frankfurt. „Wir Frauen treiben den Sport, den wir wollen, und nicht den, der uns gnädigst von den Männern erlaubt wird.“ Auf Dauer waren die jungen Frauen den Anfeindungen aber nicht gewachsen. Elterliche Verbote kamen dazu und „nach einem Jahr, tja, da war er aus, der Traum.“ (Zitate aus der „Frankfurter Rundschau“ vom 31. Mai 2011.)
Bei der Eintracht wird seit 2004 Frauen- und Mädchenfußball angeboten. Und zwar sehr erfolgreich. Innerhalb weniger Jahre gelang der Aufstieg von der untersten Spielklasse bis in die drittklassige Regionalliga. 2013 und 2019 holten die Frauen den Hessenpokal und scheiterten 2018 in der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga. 2020 hätte man als Vizemeister aufsteigen können, doch der Zusammenschluss mit dem 1. FFC Frankfurt verhinderte dies, da die „Zweite“ des 1. FFC bereits in der 2. Bundesliga spielte. 2021 erreichten die Eintrachtlerinnen, nach der Fusion mit dem 1. FFC als Bundesligist antretend, das Pokal-Endspiel und 2022 scheiterten sie unglücklich in der Qualifikation zur Champions League. Zum Bundesliga-Auftakt der Saison 2022/23 wurde im Deutsche Bank Park beim Spiel gegen die Frauen des FC Bayern München mit 23.200 Zuschauern ein neuer Rekord aufgestellt.
Von solchen Zahlen war man 1921 noch weit entfernt, wenn man der „Castrop-Rauxeler Volkszeitung“ vom 7. Dezember 1926 Glauben schenken kann, spielten damals aber auch schon Frauen bei der Eintracht. In einem Artikel „Gegen das Frauenfußballspiel.“ heißt es dort: „Bekanntlich wird in England und Frankreich der Fußballsport auch von Frauen betrieben. Auch in Deutschland macht man verschiedentlich Versuche, diese Sportart auch bei den Frauen populär zu machen, doch kam man über derartige Versuche nicht hinaus. So stellte 1921 die Frankfurter Eintracht einmal eine derartige Mannschaft zusammen, die aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit wirkte und sich sehr bald auflöste.“
Leider konnte in den „Vereins-Nachrichten“ der Eintracht kein Hinweis auf die Existenz einer Frauen-Fußballmannschaft gefunden werden. In einem Beitrag zum 20. Jubiläum der Frauen-Abteilung werden lediglich Turnerinnen, Leichtathleten, die Fechtriege sowie Hockey-, Tennis-, Handball- und Schwimmabteilung aufgezählt, in der „unsere weiblichen Mitglieder zur körperlichen Ertüchtigung“ aktiv sind. Zwar wird „eine Mauer von Vorurteilen“ gegen die „körperliche Ertüchtigung der Frau im Turnen und Sport“ erwähnt, musste „ein Wall von Prüderie und falschen Idealen von Weiblichkeit ... abgetragen werden“ – doch Fußball taucht in dem Artikel der Vereins-Nachrichten vom März 1922 mit keiner Silbe auf.
Vor dem gleichen Problem stand man Mitte der 1950er Jahre, denn die Autorinnen von „50 Jahre Frauenfußball in Hessen“ haben „im Archiv des Hessischen Fußball-Verbandes ein einmaliges Dokument aus dem Jahr 1956 gefunden, das auf einen damaligen Frauenfußballbetrieb hinwies: In dem offiziellen Organ des Landessportbundes, den „Sportmitteilungen“ mit Stand vom 6. Mai 1956 wurden eine Tabelle der „A-Klasse Frauen“ veröffentlicht, in der die SG Eintracht auf Platz Eins thront, nach 16 Spielen hat die Mannschaft 30:2 Punkte und 61:27 Tore. Der Vorsprung auf den Tabellenzweiten SC Weiß-Blau beträgt schon fünf Punkte.
Gerhard Hilgers vom HFV-Archiv in Grünberg war so freundlich, uns diese Tabellen zur Verfügung zu stellen und erklärte außerdem, dass es „bei uns im Archiv noch viele weitere interessanten Unterlagen zum Thema Frauenfußball [gibt], die Sie gerne einmal durchstöbern können.“ Das werden wir im Frühjahr 2023 mit Sicherheit tun!
Da auch 1956 kein Wort über Frauenfußball in den „Eintracht-Heften“ zu finden war, benötigen wir die Hilfe und Unterstützung der Eintracht-Familie, um herauszufinden, wer damals dem Ball nachjagte. Immerhin war die Eintracht mit zwei Mannschaften am Start – und das sogar sehr erfolgreich! Unser Ziel ist es, den nackten Tabellen ein Gesicht zu geben und den Pionierinnen von damals nachträglich unseren Dank auszusprechen. Wer also Informationen, Berichte und Fotos zu den damaligen Spielen, Spielerinnen und den beiden Mannschaften hat, möge diese bitte an museum@eintrachtfrankfurt.de schicken.
Über die Ergebnisse des Aufrufs und unsere Recherchen im HFV-Archiv wird dann im Magazin „Eintracht vom Main“ berichtet.
Kontakt
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