Für alle Zeit

Am 8. März 1899 beginnt mit der Gründung der Victoria in einer Frankfurter Gastwirtschaft die Geschichte der Frankfurter Eintracht, die heute mit mehr als 140.000 Mitgliedern der größte Mehrspartensportverein der Welt mit einer professionellen Fußballmannschaft ist und den Menschen die Möglichkeit bietet, sich in mehr als 50 Sportarten aktiv zu beteiligen. Als herausragender Repräsentant der Stadt Frankfurt ist sich der Verein dabei seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und setzt sich für demokratische Werte und gegen Ausgrenzung ein.

Das Wachstum und die Kraft des Klubs sind eng verbunden mit sportlichen Erfolgen und starken Persönlichkeiten, die in der langjährigen Geschichte immer wieder prägend waren und bis heute sind. Daher würdigt Eintracht Frankfurt Meilensteine, aber auch Persönlichkeiten und Mannschaften der Geschichte des Vereins mit einer Bronzetafel auf dem Stadiongelände. Für alle Zeit.

Die Bronzetafeln, die im Bereich vor der Haupttribüne verlegt werden, bilden einen chronologischen Weg der Erinnerungen, gepflastert mit Meilensteinen aus der Geschichte des Vereins. Dieser Weg wird im Laufe der Zeit immer wieder ergänzt.

Vereinsgründung 1899

Es muss mächtig gekracht haben im März 1899 beim FFC Germania 1894. Denn am 8. März gründen 15 sportbegeisterte Frankfurter, überwiegend zuvor dem ältesten Frankfurter Fußballverein zuzuordnen, den Fußball-Club Victoria. Meinungsverschiedenheiten bei der Germania seien ausschlaggebend dafür gewesen, dass sich ein Teil der Mitglieder – unter ihnen der Vorsitzende Albert Pohlenk – zu diesem Schritt entschließen.

Dies geschieht in einer Wirtschaft in der Hohenzollernstraße 14, der heutigen Düsseldorfer Straße in der Nähe des Hauptbahnhofs. Pohlenk wird bei der Victoria zu dessen 1. Vorsitzender gewählt. In der Anfangszeit wird nur Fußball gespielt, auf der Hundswiese, einer Vorstadtwiese auf Höhe der Miquelallee. Die Tore müssen noch selbst aufgebaut werden und der Deutsche Fußball-Bund existiert noch nicht.

Zur Eintracht wird der Verein erst später. 1911 schließt sich die Victoria mit den Frankfurter Kickers zum Frankfurter Fußballverein (FFV) zusammen, der wiederum 1920 mit der im Oeder Weg residierenden Turngemeinde von 1861 fusioniert. Seither ist übrigens auch der Riederwald die Heimat des mittlerweile weltweit größten Mehrspartenvereins mit einer angeschlossenen Profifußballmannschaft.

Deutscher Meister 1959

Es ist die erste große Party, die auf dem Frankfurter Römer steigt. Tausende Frankfurter feiern am 29. Juni 1959 Egon Loy, Friedel Lutz, Richard Kreß, 54er-Weltmeister Alfred Pfaff und Co., denn die Eintracht ist am Tag zuvor durch das 5:3 im Endspiel gegen Kickers Offenbach erstmals Deutscher Meister geworden. Nach dem Triumphzug durch die Stadt zeigen sich die Helden um Trainer Paul Oßwald den begeisterten Fans auf dem Römerbalkon. 

Wie 2018 ist der Ursprung der Titelsaison im Ende der Spielzeit zuvor zu finden. 2017 war es das verlorene DFB-Pokalfinale, direkt danach machte dieser Satz die Runde: „Wir werden wiederkommen, um zu vollenden.“ Im Sommer 1958 habe sich die Mannschaft nach der 0:1-Niederlage gegen Regensburg am letzten Spieltag „nicht öffentlich zeigen“ können, erzählt einst Spieler Hermann Höfer. Die Eintracht war auf Rang zwei der Oberliga Süd zurückgefallen, die Teilnahme an der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft wird verpasst.

Ein Jahr später holt die Eintracht die Staffel-Meisterschaft vor Offenbach, gewinnt alle Endrundenspiele und trifft im Finale erneut auf den OFC. Istvan Sztani (2) und Ekko Feigenspan (3) sorgen für das 5:3 nach Verlängerung in Berlin. In der Endrunde wird im Waldstadion übrigens ein Zuschauerrekord für die Ewigkeit aufgestellt, 81.000 Zuschauer sehen das 3:2 gegen Pirmasens. Viele von ihnen werden auch am 29. Juni dabei gewesen sein, am Tag nach dem größten nationalen Erfolg der Vereinsgeschichte.

DFB-Pokalsieg 1974

Nur 1500 Zuschauer beim Erstrundenspiel im Berliner Olympiastadion gegen Stadtligist Tasmania, Last-Minute-Tore auf schneebedecktem Boden in Kassel und durch Jürgen Kalbs Elfmeter gegen die Bayern (jeweils 3:2), ein packender 120-Minuten-Fight gegen den 1. FC Köln (4:3 n.V.) – und schließlich das 3:1 nach Verlängerung im Finale gegen den Hamburger SV. Der Weg zum ersten DFB-Pokalsieg der Vereinsgeschichte ist in vielerlei Hinsicht kurios, das i-Tüpfelchen folgt bei der Siegerehrung. Weil Jürgen Grabowski schon das Trikot mit seinem Gegenspieler getauscht hatte, ist er auf den ersten Jubelfotos im HSV-Dress abgebildet. Grabi korrigiert zwar seinen Fauxpas zwischenzeitlich, eine Kiste voll mit Getränken des damaligen HSV-Hauptsponsors Campari soll dennoch später den Weg zum 74er-Weltmeister gefunden haben.

Das Finale an sich bietet weitere Kuriositäten. Terminlich gesehen, weil es wegen der Weltmeisterschaft nur eine Woche vor dem Saisonstart 1974/75 Mitte August stattfindet und Spieler wie unter anderem Uwe Kliemann aufgrund bereits vollzogener Wechsel nicht mitwirken dürfen. Sportlich gesehen, weil Libero Gert Trinklein die Anweisung seines Trainers Dietrich Weise in der 40. Minute missachtet und über die Mittellinie marschiert – um kurz darauf das 1:0 zu erzielen. Historisch gesehen, weil die Eintracht den Grundstein dafür legt, binnen etwas mehr als zehn Monaten zweimal den DFB-Pokal zu gewinnen – 1975 folgt die Titelverteidigung. Beim abendlichen Bankett gratuliert DFB-Präsident Hermann Gösmann unterdessen „der Mannschaft von Eintracht Braunschweig“ zum Sieg …

Neben Trinklein treffen Weltmeister Bernd Hölzenbein (95.) und der in der zweiten Halbzeit eingewechselte Wolfgang Kraus (115.). Björnmose hatte nach 75 Minuten dafür gesorgt, dass es mit 1:1 in die Verlängerung geht. Im Düsseldorfer Rheinstadion feiern über 20.000 Eintracht-Fans ausgelassen den Triumph ihrer Mannschaft.

Jürgen Grabowski

Er sei „das Tafelsilber, die Krone von Eintracht Frankfurt“ gewesen, sagt der damalige Präsident Peter Fischer. „Der größte, stärkste und beste Spieler“ bei der Eintracht, meint sein ehemaliger Mitspieler Ronny Borchers. Einer, der „am Ball alles konnte“, befindet Weltmeister-Kollege Wolfgang Overath. Als Jürgen Grabowski im März 2022 verstirbt, wird der Eintracht-Familie einmal mehr vor Augen geführt, welch großartiger Fußballer nicht mehr ein Teil davon sein kann.

Als „generationsübergreifend identitätsstiftend“ bezeichnet ihn Vorstandssprecher Axel Hellmann, und nicht nur er spricht davon, dass „Grabi“ in seiner aktiven Zeit der „vielleicht vollkommenste Spieler“ der Eintracht war. Eine Legende, eine Ikone, ein Idol, der seinen Platz im Stadion immer haben wird – sei es durch die Jürgen-Grabowski-Gegengerade oder dem Kultlied „Schwarz-weiß wie Schnee“ mit der so berühmten Liedzeile „Sie spielte so gut und sie spielte so schön, mit dem Jürgen Grabowski“.

Jürgen Grabowski wechselt 1965 vom FV Biebrich 02 an den Riederwald. Bis 1980 absolviert er wettbewerbsübergreifend 555 Pflichtspiele für den Verein und erzielt 151 Tore. Der in Wiesbaden geborene Offensivspieler wird Europa- und Weltmeister (1972, 1974), gewinnt zweimal den DFB-Pokal (1974, 1975) und holt den UEFA-Pokal 1980. Im Oktober 1980 verabschiedet sich Grabowski mit einem Abschiedsspiel vor 45.000 Zuschauern im Waldstadion von der großen Fußballbühne. Dem Verein, von dem er zum Ehrenspielführer ernannt wurde, blieb er Zeit seines Lebens verbunden. Als Interimstrainer, im Verwaltungsrat und später als Markenbotschafter.

Bernd Nickel

Sein Schuss ist unverwechselbar hart, und dieser bringt ihm den Spitznamen „Dr. Hammer“ ein. Tore von ihm gibt es so viele wie von keinem anderen Mittelfeldspieler in der Bundesliga – 141, nur Bernd Hölzenbein hat für die Eintracht im Oberhaus öfter getroffen. Vier davon erzielt er aus den vier Ecken des Waldstadions – einmalig in der deutschen Fußballhistorie! Bernd Nickel absolviert zwischen 1966 und 1983 im Eintracht-Trikot 541 Pflichtspiele, in jedem dritten trifft er (179 Tore).  

Verschmitzt, bodenständig und heimatverbunden – so beschreiben ihn Weggefährten, von denen er „Nackel“ genannt wird. Er ist der erste Adlerträger, dem ein „Tor des Monats“ gelingt: Im Mai 1971 steht die Eintracht bei der Partie in Offenbach im Abstiegskampf mit dem Rücken zur Wand, als sich Nickel quer in die Luft legt, auf dem Bieberer Berg per Seitfallzieher zum 1:0 trifft und damit seinen Anteil am Klassenerhalt hat. Zwei weitere Tore schaffen es ebenfalls an die Spitze des Monatsrankings, kein anderer Adlerträger wird öfter ausgezeichnet als der gebürtige Mittelhesse.

Ebenso kurios: Er spielt als Aktiver für fünf (!) DFB-Teams, denn er kommt in der A-, B-, U23-, Amateur- sowie Olympianationalmannschaft 1972 zum Einsatz. In seinen 17 Frankfurter Jahren ist er an allen vier Titeln in dieser Zeit beteiligt, mit ihm erringt die Eintracht drei DFB- Pokal- und einen UEFA-Pokalsieg. Im Oktober 2021 verstirbt er 72-jährig nach langer Krankheit.

Bernd Hölzenbein

Bernd Hölzenbein holt als Spieler vier Titel mit der Eintracht, seine 160 Bundesligatore im Eintracht-Dress werden wohl für immer unerreicht bleiben, ein Foul an ihm hat einen Platz in jedem Geschichtsbuch und einer seiner unzähligen Treffer ist in der Kombination aus Kuriosität und Wichtigkeit wohl kaum zu überbieten. An all das wird die Eintracht-Familie immer denken, wenn der Name Bernd Hölzenbein fällt. Im April 2024 verstirbt „Holz“ im Alter von 78 Jahren und folgt damit seinen kongenialen Offensivpartnern Bernd Nickel († 2021) und Jürgen Grabowski († 2022).

Symbolisch für das "Schlitzohr" steht sein legendäres Sitzkopfballtor gegen Dinamo Bukarest in der zweiten Runde des UEFA-Pokals 1979/80, das der Eintracht den Weg in die Verlängerung ebnet, in der die Hessen schließlich den Einzug in die nächste Runde eintüten. Auch weitere Treffer erzielt er mit einer Mischung aus Raffinesse, Können und dem Gefühl für den richtigen Laufweg. 215 Mal jubelte er im Eintracht-Dress in 532 Pflichtspielen, in denen er nach seinem Wechsel 1966 vom TuS Dehrn aus seiner mittelhessischen Heimat zur Eintracht auf dem Platz steht. Sein letztes Spiel ist das erfolgreiche DFB-Pokalfinale 1981.

Hölzenbein absolviert 40 Länderspiele für Deutschland, erst mit 28 Jahren steht er erstmals über 90 Minuten auf dem Platz – im WM-Halbfinale 1974 gegen Polen. Im darauffolgenden Endspiel gegen die Niederlande bringt ein Foul von Wim Jansen an ihm den Elfmeter, der Deutschland den Ausgleich beschert – am Ende steht der Titelgewinn. Trotz vieler Diskussionen um die Szene sagt „Holz“ immer: „War ein klarer Elfer!“ Der ihn für die nächsten Jahrzehnte im Gespräch hält.

1988 wird er zum Vizepräsidenten der Eintracht gewählt. In den folgenden Jahren erlebt die Eintracht einen sportlichen Aufschwung, die Mannschaft, die den vielgelobten „Fußball 2000“ spielt, ist maßgeblich von Hölzenbein zusammengestellt worden. Nach dem erstmaligen Abstieg aus der Bundesliga erklärt er im November 1996 seinen Rücktritt vom damaligen Managerposten. Anfang der 2000er Jahre kehrt er zurück zu seiner Eintracht. Heribert Bruchhagen sichert sich die Dienste des ausgewiesenen Fußballfachmanns und macht ihn zum Berater seines Vorstands, später ist er Chefscout. Bis kurz vor seinen Tod nimmt „Holz“ als Markenbotschafter der Eintracht repräsentative Aufgaben wahr.